Vom Bastlerhit zur Investment-Chance
Seit fast einem Jahrzehnt bestimmen Immobilienportale das Inseratengeschäft der Makler. Doch worauf muss der Vermittler achten, will er das Objekt rasch an den Mann bringen? Die OIZ hat nachgefragt.


„Dass eine Anzeige gefunden und wahrgenommen wird, ist das eine Thema. Ob diese optimal gestaltet ist, ist das andere“, schickt Patrick Schenner, Country Manager von ImmobilienScout24 in Österreich, das Grundsätzliche bei der Onlineinseratengestaltung voraus. Das Titelfoto, die Überschrift und der Schwellenpreis entscheiden in der Trefferliste darüber, ob der User die Spur verfolgt.
Das Titelfoto als Eyecatcher soll die Wohnung oder das Haus von der schönsten und repräsentativsten Seite zeigen. Bilder von Bad/WC oder eine Skizze vom Grundriss erfüllen diesen Zweck laut Schenner nicht. Judith Kössner, Leiterin Immobilien bei willhaben.at, ergänzt: „Das Titelfoto liefert den Anreiz zum Öffnen einer Anzeige. Es soll weitläufig und hell sein, wobei jedoch vermieden werden muss, dass nichts zu erkennen ist. Von Bildern von unaufgeräumten oder überfüllten Zimmern oder Ausblicken in verwilderte Gärten raten wir ab.“ Dass bei Schönwetter und daher gutem Licht getätigte Aufnahmen besser wirken als finstere Einstellungen, versteht sich von selbst. Unabhängig vom Motiv gibt es noch immer Makler, die minderwertige Handyfotos online stellen. Dabei lohnt sich die Investition in eine ordentliche Kamera allemal, gelegentlich auch in das Honorar eines Berufsfotografen. Auch die Möglichkeiten der Bildbearbeitung – wie Umrahmungen oder die Platzierung von Logos – sorgen für Aufmerksamkeit beim potenziellen Kunden. Sehr vereinzelt tauchen – in Anlehnung an die Wortanzeigen in Printmedien – heutzutage noch bilderlose Inserate auf den Immobilien-Plattformen auf. Ein absolutes No-Go.
„Wenn die Oma mitmuss“
Bei der Überschrift empfiehlt Schenner Phantasie: „‚Wenn die Oma mitmuss‘ klappt bei einer Immobilie mit einer Einliegerwohnung für Angehörige gut. Hier kommt es auf den auf die jeweilige Zielgruppe abgestimmten, richtigen Mix aus Information und Emotion an.“
Judith Kössner von willhaben.at hingegen rät von zu viel Kreativität ab: „In der Überschrift soll der User erfahren, worum es geht. Sie soll nicht zu lang sein und das Besondere des Objekts widerspiegeln, beispielsweise: ‚Geräumige Eigentumswohnung Nähe Augarten‘.“ Ähnlich sieht das Markus Ertler, Geschäftsführer von Immobilien.net. „Das Titelfeld muss attraktiv klingen und die Vorteile der Immobilie mit sympathischen Worten beschreiben.“
Beim Schwellenpreis ist wichtig, nicht in Marketingaktionismus zu verfallen. Denn Angaben wie „199.000 Euro“ funktionieren bei Immobilien nicht. Schenner betont, dass runde Preise wie „200.000 Euro“ zehn Prozent mehr Treffer nach sich ziehen und es dem Kunden bei diesen Beträgen nicht auf einen Tausender mehr oder weniger ankommt.
Die Pflanze macht’s
Wenn der User die Anzeige öffnet, hat der Makler eine wichtige Hürde erfolgreich genommen. Nun kommt es auf die dortigen Fotos sowie auf den Beschreibungstext an.
Bei den Bildern gilt prinzipiell selbiges wie beim Titelfoto, also hochwertige Kamera, gutes Licht etc. Was die Anzahl betrifft, so spricht sich Kössner dafür aus, jedes Zimmer aus ein bis zwei Perspektiven abzulichten. Jedoch ohne eine Grenze nach oben, da sich – je mehr Fotos eine Anzeige enthält – Leerbesichtigungen verringern. „Es gibt viele Wohnungen, die komplett leer stehen. Hier lohnt es sich, wenn der Makler eine Pflanze mitbringt und diese für die Aufnahmen dezent in die jeweilige Ecke stellt“, lautet ein Tipp der Leiterin Immobilien von willhaben.at. Aussagekräftige Bilder empfiehlt auch Markus Ertler von Immobilien.net, wenn auch nicht in unbegrenzter Anzahl. „Kein User sieht sich 100 Bilder an. Zehn Bilder sind optimal. Mehr als 20 Fotos sind aber kaum noch wirkungsvoll“, grenzt Ertler ein. Sein Tipp für gelungenes Bildmaterial: „Die Wohnung sollte auf alle Fälle aufgeräumt oder hübsch inszeniert sein.“
Ein absolutes „Nein“ gibt es von Ertler für mitfotografierte Personen. Kurzum: Der Opa am Wohnzimmersofa sollte man besser für sich behalten. Bei den Fotos darf an dieser Stelle eine Skizze des Grundrisses nicht fehlen. Ein absolutes Muss.
Dass sich die geistige Investition in den Beschreibungstext lohnt, unterstreicht wiederum Schenner. Hier biete sich für den Makler die Gelegenheit, Liebe zum Thema zu zeigen: 150 bis 200 Wörter, formatiert und in Absätzen gegliedert, über Lage, Kosten, Ausstattung, Infrastruktur etc. Die Formulierungen sollten emotional, aber nicht ausufernd sein. „Der User wünscht sich hier eine kompetente Expertenmeinung des Maklers, die hervorhebt, ob das Objekt auf seine persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten ist“, ergänzt Markus Ertler von Immobilien.net. Soll heißen: Erfolgreiche Makler unterstreichen, ob es sich bei dem Objekt um eine Singlewohnung oder um ein Familienrefugium handelt. Ob die Immobilie beispielsweise über Arbeits- oder Kinderzimmer verfügt und vieles mehr. Mit einheitlichen und lieblos gestalteten „Textblöcken“ kommt der Immobilienvermittler nur langsam an sein Ziel. „Ein schlampig aufbereitetes Inserat ist eine Geringschätzung des Users“, so Ertler. Kreativität ist aber immer gefragt. Der „Bastlerhit“ von früher geht heutzutage als „Investment-Chance“ durch.
Der Country Manager von ImmobilienScout24 in Österreich rät übrigens klar dazu, die Adresse des Objekts bekanntzugeben: „Diese Angabe ist eine Art Brandbeschleuniger, der die Vermarktungsdauer verkürzt.“ Ertler stimmt zu: „Wenn der Makler über einen Alleinvermittlungsauftrag verfügt, raten wir unbedingt zur Bekanntgabe der genauen Adresse. Das halbiert die Vermarktungszeit und führt zu bis zu 100 Prozent mehr Anfragen“, hat Immobilien.net errechnet. Ähnliche Erfahrungen hat auch Patrick Schenner gemacht: Aber am Ende des Tages entscheidet immer der Preis, ob ein Kauf- oder Mietvertrag zustande kommt.“
Text: Claudia Aigner, Heinz Erdmann