„Wohnraumspende“ für Flüchtlinge aus der Ukraine

Ukraine-Krieg
10.05.2022

Von: Redaktion OIZ
Steuerliche Auswirkungen der unentgeltlichen Überlassung von Immobilien. Ein Steuertipp von TPA.

Der aktuelle Krieg in der Ukraine zwingt Millionen von Menschen, ihre Heimat zu verlassen. Auch nach Österreich sind bereits mehrere Zehntausende auf der Suche nach Schutz geflohen. In diesen schwierigen Zeiten ist jeder bemüht, Hilfe anzubieten. Auch die heimischen Betriebe der Immobilienbranche wollen ihren Beitrag dazu leisten und unter anderem Wohnraum für die ankommenden Flüchtlinge kostenlos zur Verfügung stellen („Wohnraumspende“). Bei der unentgeltlichen Überlassung von Immobilien ergeben sich allerdings sowohl aus umsatzsteuerlicher als auch aus ertragssteuerlicher Sicht verschiedene Fragen.

Generelle Fragestellung

Aus ertragsteuerlicher Sicht stellt sich die Frage, ob eine Wohnung bei unentgeltlicher Überlassung noch dem Bereich der Einkünfteerzielung zugeordnet werden kann. Eine Verwendung außerhalb des Bereiches der Einkünfteerzielung würde mit dem Verlust der steuerlichen Abzugsfähigkeit von mit dem Wohnraum im Zusammenhang stehenden Aufwendungen einher gehen. Zu den umsatzsteuerlichen Folgen siehe unten.

Erfolgt die unentgeltliche oder niedrigpreisige Überlassung von Wohnraum durch eine Privatstiftung, würden gemäß § 27 Abs. 5 Z 7 EStG Zuwendungen jeder Art der Privatstiftung – mit bestimmten Ausnahmen – der 27,5%igen Kapitalertragsteuer unterliegen.

Aus umsatzsteuerlicher Sicht ist nach § 24 Abs. 9 UStG der Normalwert als Bemessungsgrundlage dann heranzuziehen, wenn das Entgelt niedriger ist als der Normalwert.

Sofern seitens der öffentlichen Hand Mietzuschüsse gezahlt werden, würde die Vermietung in maximaler Höhe dieser Mietzuschüsse erfolgen. Diese liegen erfahrungsgemäß allerdings unter den am freien Markt erzielbaren Mieterlösen, wodurch die umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage (Normalwert) über den erhaltenen, tatsächlichen Mieteinnahmen (Zuschüssen) liegen würde.  

Die oben genannten Umstände würden bedeuten, dass Unternehmen, die unentgeltlich oder niedrigpreisig Wohnraum für Schutzsuchende zur Verfügung stellen, unter Umständen auch noch Umsatz- bzw. Kapitalertragsteuer zahlen müssten. Dies wäre natürlich keine praktikable Lösung.

Anfrage an das BMF

Um Klarheit über eine allfällige Steuerbelastung für Unternehmen im Fall von „Wohnraumspenden“ zu erlangen, bat die TPA das BMF um Auskunft, ob die bereits in der Vergangenheit geltenden Werberegelungen analog auch für Wohnraumspenden zur Anwendung kommen können. Danach sollen die genannten Steuerkonsequenzen dann nicht eintreten, wenn in einer entsprechenden werblichen Bekanntgabe (z. B. auf der Homepage, Spendenlisten) auf die unentgeltliche bzw. niedrigpreisige (im Falle des Mietzuschusses) Zurverfügungstellung des Wohnraumes hingewiesen wird. Dies wäre sofort umsetzbar und könnte somit der Wohnungsnot der Flüchtenden ehestmöglich entgegenwirken.

Die Anfrage betraf konkret die vorübergehende, unentgeltliche oder niedrigpreisige Überlassung von zur Einkünfteerzielung verwendeten Immobilien durch eine inländische eigennützige, offengelegte Privatstiftung oder eine inländische Kapitalgesellschaft. Dabei ist davon auszugehen, dass die Hilfestellung in Form der unentgeltlichen oder niedrigpreisigen Überlassung der Immobilien mit entsprechender Werbewirksamkeit erfolgen soll. 

Weiters wird angenommen, dass die Immobilie grundsätzlich weiterhin der (betrieblichen oder außerbetrieblichen) Einkünfteerzielung (der Kapitalgesellschaft oder der Privatstiftung) dienen und eine Hilfeleistung in Form der unentgeltlichen oder niedrigpreisigen Überlassung lediglich vorübergehend erfolgen soll.

Ertragssteuerliche Sicht

Nach § 4 Abs. 4 Z 9 EStG sind Geld- oder Sachaufwendungen im Zusammenhang mit der Hilfestellung in Katstrophenfällen steuerlich als Betriebsausgaben abzugsfähig, wenn sie der Werbung dienen. Als Katastrophenfall sind auch kriegerische Ereignisse oder sonstige humanitäre Katastrophen (wie Flüchtlingskatastrophen) anzusehen. Nach Ansicht des BMF lässt sich dies auch auf die hier beabsichtigte werbewirksame „Wohnraumspende“ übertragen, sodass von einer betrieblichen Veranlassung ausgegangen werden kann.

Da die „Wohnraumspende“ abseits ihrer humanitären Veranlassung auch zu Werbezwecken erfolgt und damit betrieblich veranlasst ist, kann auch keine verdeckte Ausschüttung an die Anteilsinhaber oder diesen nahestehenden Personen vorliegen. Es fällt daher keine KESt an und die verursachten Ausgaben (AfA, Betriebskosten) sind steuerlich weiterhin abzugsfähig. Geschäftsführer sollten jedoch prüfen, ob eine vorherige Genehmigung durch die Gesellschafter erforderlich ist. Dies gilt sinngemäß für Stiftungsvorstände.

Bei Privatstiftungen stellt die unentgeltliche oder niedrigpreisige Immobilienüberlassung grundsätzlich eine Zuwendung (des Nutzungsvorteils) iSd § 27 Abs. 5 Z 7 EStG dar. Die Gründe dieser Überlassung sind dabei unerheblich. Als Empfänger von Zuwendungen kommen grundsätzlich auch Personen in Betracht, die formell keine Begünstigtenstellung haben. Nach § 94 Z 6 lit. e EStG ist jedoch die Zuwendung an eine gemeinnützige Organisation (z. B. Caritas) von der KESt befreit. Die unentgeltliche Nutzungsüberlassung als „Wohnraumspende“ unter Einbindung einer solchen Institution unterliegt daher nicht dem KESt Abzug.

Sollte angesichts des steigenden Flüchtlingszustroms und des damit einhergehenden kurzfristig benötigten Wohnraums keine Einbindung einer gemeinnützigen Organisation möglich sein bzw. dies den Prozess erheblich erschweren und zeitlich verzögern, so bestehen bei einer kurzfristigen „direkten“ Überlassung an Flüchtlinge (von maximal sechs Monaten) auch keine Bedenken gegen die vorstehend dargestellte Handhabung und es kann von einer KESt-Pflicht abgesehen werden. Es bietet sich an dieser Stelle daher an, die Wohnung mittels Prekarium (Bittleihe) auf höchstens sechs Monate befristet zur Verfügung zu stellen, sofern nicht sofort eine gemeinnützige Organisation involviert werden kann.

Umsatzsteuerliche Sicht

Die Anwendung des Normalwerts nach § 4 Abs. 9 UStG kommt nur zur Anwendung, wenn die Leistung für außerbetriebliche Zwecke erbracht wird. Wenn die Wohnungsüberlassung jedoch eigenen unternehmerischen Zwecken dient, z. B. zur Imagepflege oder für Werbezwecke, so kommt der Normalwert nicht zur Anwendung. Ist der Werbezweck daher eindeutig belegt, wenn beispielweise auf dem Gebäude mit einem Schild darauf hingewiesen wird – oder die Homepage entsprechende Informationen enthält, dass mit dieser Immobilie ukrainischen Flüchtlingen geholfen wird –, so genügt dies für den Nachweis des eigenen unternehmerischen Interesses sowie des Werbezwecks. Damit bleibt auch der Vorsteuerabzug unverändert erhalten.

Zusammenfassung

Die Auskunft des BMF bezüglich der steuerlichen Behandlung der unentgeltlichen oder niedrigpreisigen Immobilienüberlassung („Wohnraumspende“) durch Kapitalgesellschaften oder Privatstiftungen knüpft an die Werberegelungen der Vergangenheit an. Danach können Immobilien unentgeltlich an Hilfsbedürftige (im vorliegenden Sachverhalt Flüchtlinge aus der Ukraine) zur Verfügung gestellt werden, ohne dass zusätzliche Steuerlasten befürchtet werden müssen. Wird auf die Werbezwecke (z. B. auf der Homepage oder mittels Schildes auf der Immobilie) hingewiesen, so kann man ein eindeutiges unternehmerisches Interesse erkennen und die Überlassung als betrieblich eingestuft werden. Damit wurde erfreulicherweise eine praktikable Lösung gefunden, welche es den Unternehmen ermöglicht, sich nur mehr auf das Wesentliche zu konzentrieren, nämlich Hilfe denjenigen zu bieten, die diese am meisten brauchen.