Wiener Zinshausmarkt: gesund und bisher "virenresistent"
Der Wiener Zinshausmarkt eilt von Rekord zu Rekord. Für 2019 verzeichnet Otto Immobilien in seinem aktuellen Marktbericht einen Umsatz von 1,58 Milliarden Euro und damit den höchsten Wert der letzten zehn Jahre. Von der aktuellen Corona-Krise sei der Wiener Zinshausmarkt bisher nicht betroffen. Während in manchen gewerblichen Bereichen wie Retail die Stimmung verhalten, Anleger vorsichtig und manche Projekte „on hold“ sind, sehen die Experten von Otto Immobilien für den Zinshaus- und Wohnimmobilienmarkt derzeit keinen Grund zur Sorge. „Der Markt ist gesund und bisher virenresistent. Angesichts der zuletzt hohen Verluste an den internationalen Börsen könnten Anleger nach sicheren und gesunden Märkten suchen. Und hier zählt Wien mit seinen schönen Gründerzeit-Zinshäusern sowie der Wiener Wohnimmobilienmarkt generell zu den attraktivsten Standorten und sichersten Häfen weltweit“, so Eugen Otto, Eigentümer von Otto Immobilien.
Absolute Rekordvolumina gab es im Vorjahr mit 200 Millionen Euro im zweiten Bezirk und mit 87 Millionen Euro im vierten Bezirk, so Martin Denner, Leiter Immobilien Research. Bei der Transaktionsanzahl verzeichnen der 4. und 7. Bezirk mit +125 Prozent bzw. +268 Prozent die stärksten Zuwächse. Mehr als die Hälfte der Bezirke hat im Verhältnis zur Vergleichsperiode nach Volumen und Anzahl zugelegt. In sieben der 23 Wiener Gemeindebezirke kam es jedoch auch zu leichten Rückgängen des Transaktionsvolumens. Am stärksten ist der Rückgang in den Bezirken 1, 3 und 6 ausgefallen.
Mindestpreise teils deutlich gestiegen
Das geringe Angebot an Gründerzeit-Zinshäusern und die anhaltend starke Nachfrage treiben die Preise seit Herbst 2019 vor allem innerhalb des Gürtels weiter in die Höhe. Außerhalb des Gürtels konnten bei den Einstiegspreisen ebenfalls starke Steigerungen beobachtet werden. „Den größten Zuwachs bei den Mindestpreisen sehen wir mit 26 Prozent im 15. Bezirk“, so Richard Buxbaum, Leiter der Abteilung für Wohnimmobilien und Zinshäuser. Aber auch bei den Maximalpreisen hatte der 15. Bezirk mit einem Plus von 22 Prozent die Nase vorn. Über ganz Wien betrachtet lag die durchschnittliche Veränderung der Maximalpreise bei +8 Prozent. „Die niedrigsten Einstiegspreise sind zwar weiterhin in den Bezirken außerhalb des Gürtels zu finden, aber mittlerweile wird kein Wiener Gründerzeit-Zinshaus in einem durchschnittlichen Zustand unter 1.770 Euro/m² verkauft“, berichtet Buxbaum.
Auch die Entwicklung der Renditen spiegelt das anhaltende Interesse der Investoren wider, denn die Maximalrenditen sind in fast ganz Wien weiter gesunken. Generell ist nur mehr in den Bezirken 10, 11, 21, 22 und 23 eine Rendite über drei Prozent erzielbar, so Richard Buxbaum. Alle anderen Bezirke weisen mittlerweile eine Rendite von weniger als drei Prozent auf. Ebenfalls weiter stark gesunken sind die Minimalrenditen, die zwischen 0,78 Prozent (1. Bezirk) und 2,7 Prozent (11. Bezirk) liegen.
Zinshauspakete weiter im Trend
Bei den Käufern dominieren klar die Unternehmen, die auch auf der Verkäuferseite immer stärker werden. Demnach gingen im vergangenen Jahr knapp 81 Prozent aller Käufe sowie 42 Prozent aller Verkäufe von Unternehmen aus (+7 %-Punkte bei den Käufen, +1 %-Punkt bei den Verkäufen). Privatpersonen waren mit rund 18 Prozent bei den Käufen und knapp 50 Prozent bei den Verkäufen jedoch weiterhin stark vertreten (–7 %-Punkte bei den Käufen, –2 %-Punkte bei den Verkäufen). Die restlichen Transaktionen sind der Gruppe der Sonstigen (u. a. Privatstiftungen und Kammern) zuzuschreiben. Dabei ist gegenüber 2018 eine leichte Steigerung bei der Übertragung von ganzen Häusern (100 % der Anteile) feststellbar: Knapp 64 Prozent der im Jahr 2019 getätigten Transaktionen sind dieser Gruppe zuzuordnen, das bedeutet ein Plus von vier Prozent-Punkten. Ein weiter Trend des letzten Jahres, der Verkauf von ganzen Zinshauspaketen, wird auch heuer wieder am Markt spürbar sein: Für attraktive Pakete werden sogar Aufschläge bezahlt, um Bestbieter zu sein, weiß Richard Buxbaum.
Immer weniger Zinshäuser
Während im Herbst 2009 noch 15.529 Gründerzeit-Zinshäuser − im engeren Sinn nach Otto Immobilien − identifiziert werden konnten, hat sich ihre Anzahl mittlerweile (mit Stichtag
19. 2. 2020) auf rund 13.900 reduziert. Hauptgrund dafür ist die Begründung von Wohnungseigentum, heißt es im Zinshaus-Marktbericht. Weitere Gründe sind Nutzungsänderungen, etwa die Umwandlung in Hotels. Abrisse von Gründerzeit-Zinshäusern sind hingegen sehr selten, was für ihre hohe bauliche Qualität bzw. ihre ausgezeichnete Adaptierbarkeit spricht.