Wie zahlungskräftig ist Ihr Mieter?

10.09.2012

Warum Bonitätsauskünfte an Bedeutung gewinnen, wie sich der Informationsfluss gestaltet, und welche rechtlichen Aspekte Hausverwaltungen berücksichtigen müssen.

Das liebe Geld! Im ersten Halbjahr 2012 schlitterten hierzulande rund 5.500 Privatpersonen mangels selbigem in die Insolvenz. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum entspricht diese Zahl einem Minus von 0,8 Prozent. Das besagt eine Trendanalyse der Creditreform Wirtschafts- und Konjunkturforschung. 

Haushaltseinkommen berücksichtigen
Im Durchschnitt waren somit acht von 10.000 erwachsenen Österreichern zahlungsunfähig. Ihnen fehlt das Verständnis im sorgsamen Umgang mit Geld. Dabei leben die Schuldner nicht immer schlicht über ihren Verhältnissen, sondern verlieren nach und nach den Überblick über ihre finanziellen Verpflichtungen.

Vor diesem Hintergrund betont Martin Troger, Geschäftsführer der Hausverwaltung Rustler, dass Bonitätsprüfungen bei Mietern in spe auch diesen zugute kommen. „Bei uns darf die Miete ein Drittel des Haushaltseinkommens nicht übersteigen, worunter nur die Gehälter fallen. Sonstige Einnahmen wie etwa Kinderbeihilfen berücksichtigen wir nicht. Mit diesem strikten Vorgehen schützen wir nicht nur unsere Interessen als Hausverwalter, sondern wollen Wohnungssuchende davor bewahren, in die Schuldenfalle zu tappen. Das ist eine Win-win-Situation für beide Seiten“, so Troger. 

Mehr als doppelt hält besser
Die Hausverwaltung Rustler durchleuchtet die Liquidität ihrer „Kunden“ mehrfach: Potenzielle Mieter müssen wie bereits erwähnt ihre Gehaltsabrechnung sowie einen Mieterpass ihres vorigen Verwalters beziehungsweise Vermieters (siehe Kasten) vorlegen, und sie werden bei einem persönlichen Gespräch über ihre finanzielle Situation befragt. Falls noch Klärungsbedarf besteht, wird beim KSV eine Bonitätsauskunft eingeholt.

Selbstauskunft immer öfter verlangt
Mit diesem Vorgehen steht die Hausverwaltung Rustler nicht alleine da. Denn immer häufiger wird von den potenziellen Mietern verlangt, dass sie selbst Zeugnis über ihre Einkommenssituation ablegen. Stefan Artner, geschäftsführender Gesellschafter und Leiter des Real Estate Desk bei Dorda Brugger Jordis, erläutert dazu die rechtliche Seite: „Solche Selbstauskünfte sind jedenfalls zulässig, sofern nur Informationen über die Einkommenslage abgefragt werden. Auskünfte zu höchstpersönlichen Lebensumständen des Mieters – wie Kinderwunsch, persönliche Vorlieben – muss sich der Mieter nicht ‚gefallen lassen‘ und kann diese auch falsch beantworten.“

Verschärfter Datenschutz
Grundsätzlich gilt: Eine Hausverwaltung darf alle Informationen über die Bonität eines Mieters, die sie selbst sammelt oder von Dritten bekommt, für ihre eigenen Zwecke verwenden. 

Verboten ist nur, gesammelte oder auf sonstige Art und Weise erworbene Daten an Dritte weiterzugeben. Artner weiter: „Auch wenn es nach jüngeren Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs zum Datenschutz teilweise schwieriger geworden ist, Auskünfte über Privatpersonen zu bekommen, können sich Hausverwalter nach wie vor für Bonitätsauskünfte an den KSV 1870 oder andere spezialisierte Auskunftsdienste wenden. Die dort erhaltenen Informationen darf die Hausverwaltung ihren Entscheidungen selbstverständlich zugrunde legen.“

Der erwähnte KSV 1870 dominiert laut Eigenangabe in puncto Bonitätsauskünfte den österreichischen Markt. Sein primärer Geschäftszweck ist es, Gläubigerinteressen zu schützen. Aus diesem Grund führt er für die österreichische Wirtschaft zwei voneinander unabhängige Datenbanken, die Kreditinformationen von Konsumenten enthalten. Einerseits seit 1964 für heimische Banken und Kreditinstitute die KleinKreditEvidenz (KKE), die Kreditdaten von Konsumenten enthält. Andererseits seit 1997 die WarenKreditEvidenz (WKE), dank der die warenkreditgebende Wirtschaft Negativerfahrungen mit einzelnen Kunden miteinander teilen kann. 

Das heißt im Klartext: Zahlt ein Kunde seine Rechnung trotz dreimaliger Mahnung nicht, übergibt das Unternehmen die offene Forderungen an ein Inkassobüro oder einen Rechtsanwalt. Gleichzeitig mit diesem Schritt wird dieser Sachverhalt in der WKE eingemeldet, sodass andere Teilnehmer dieser Datenbank vor Abschluss eines neuen Geschäfts gewarnt werden können.

Wachsender Leidensdruck
Laut Gerhard Wagner, Prokurist beim KSV 1870, und Boris Recsey, Geschäftsführer bei Deltavista Österreich (siehe Interview), steigt hierzulande die Nachfrage nach Bonitätsauskünften. Wagner konkretisiert: „Das Interesse aus der Immobilienbranche ist derzeit evident.

Das liegt daran, dass der wirtschaftliche Leidensdruck der Bevölkerung wächst. Je nach Dringlichkeit, Aufwand und Intensität kostet bei uns eine Bonitätsauskunft über eine Privatperson zwischen einem und hundert Euro.“ 

Der KSV 1870 erhebt die für KKE und WKE relevanten Daten direkt bei den Teilnehmern, also den Forderungsinhabern selbst. Der KSV 1870 kann auf diese Weise den weiteren Verlauf der Zahlungsverpflichtung verfolgen: Wird etwa ein Kredit getilgt, dann wird er nach Ablauf der von der Österreichischen Datenschutzkommission festgelegten Löschfrist aus der Datenbank entfernt. Erfolgt nach einer Klage eine Zahlung, so wird diese ebenfalls eingetragen. Konkurse der Schuldner werden tagesaktuell in die Datenbank eingegeben. „Für die absolute Richtigkeit unserer Bonitätsauskünfte können wir nicht garantieren. Das kann niemand. Da wir unsere Informationen direkt von den Forderungsinhabern erhalten, gewährleisten wir jedoch eine extrem hohe Datenqualität“, erläutert Wagner. 

Vernachlässigbare Mietnomaden 
Abschließend hält Martin Troger fest, dass die vielzitierten Mietnomaden in Österreich in diesem Zusammenhang kaum ins Gewicht fallen. „Während diese Gruppe in Deutschland ein Problem darstellt, sind Mietnomaden hierzulande vernachlässigbar. Generell kann man sagen, dass nach erfolgter Bonitätsprüfung die Zahlungsmoral der Mieter stark von der jeweiligen Hausverwaltung abhängt. Je strikter das Mahnwesen – inklusive persönlicher Inkassoversuche –, desto konsequenter fließen die Mieteinnahmen“, so der Geschäftsführer der Hausverwaltung Rustler.

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