Von Büros und Geschäftsflächen
Der Wiener Büromarkt präsentierte sich auch im abgelaufenen Jahr wie erwartet durchwegs stabil. Für heuer wird das Angebot aufgrund der sinkenden Neubauleistung knapp. Auch bei den Wiener Geschäftsflächen übersteigt die Nachfrage längst das Angebot.


„In der Stadt werden die Büros knapp“, so könnte man, salopp ausgedrückt, den aktuellen Wiener Büromarkt-Bericht der Otto Immobilien Gruppe zusammenfassen. Dass die Situation für Bürosuchende aber weit weniger drastisch ist, als es auf den ersten Blick scheint, erfährt man bei einem genaueren Blick hinter die Fassaden. Konkret: Nach einem Fertigstellungsvolumen (Neubau und generalsanierte Objekte) von 140.000 m2 im Jahr 2013 stehen wir heuer vor einem erneut geringeren neuen Flächenangebot, das nur rund 110.000 m2 (rund ein Prozent des Gesamtbestands) betragen wird. Kein Beinbruch also.
Auffallend ist aber, dass nur eine Handvoll Objekte die in der derzeitigen Finanzierungslandschaft erforderliche Verwertungsquote von mindestens 30 Prozent der Nutzfläche erreicht hat und sich somit in Errichtung befindet. Dieses Neuangebot an Büroflächen zeichnet sich jedoch durch eine hohe Vorverwertungsquote von rund 75 Prozent aus. Für 2014 rechnet die Otto Immobilien Gruppe daher mit einer allmählichen Absorption der in den vergangenen Jahren fertiggestellten und noch leerstehenden Flächen sowie mit einer damit einhergehenden Verknappung des Angebotes in gewissen Segmenten. Die Nachfrageseite hat sich 2013 moderat entwickelt, sodass nur 240.000 m2 angemietet wurden. Stärkster Umsatzträger am Vermietungsmarkt bildete 2013 die öffentliche Hand. Dies lässt sich auch für das kommende Jahr erwarten. Auf die Zeit nach der Nationalratswahl aufgeschobene Anmietungsentscheidungen werden gemeinsam mit der stabilen Entwicklung der generellen Flächennachfrage heuer zu einer höheren Vermietungsleistung führen.
Diese Entwicklung hilft dem Büromarkt und kann den seit Jahren leicht steigenden Leerstand bremsen, da große zusammenhängende Neubauflächen zunehmend vom Markt absorbiert werden. Ebenso stark beeinflussen zum Teil neue, interne Auflagen den aktuellen Flächenbedarf städtischer beziehungsweise öffentlicher Mieter und lassen kurz- bis mittelfristig auf eine stabile Bedarfsentwicklung schließen.
Öffentliche Hand mietet sich ein
Die Nachfrage nach kleineren Flächen bis zu 700 m² konzentriert sich vorwiegend auf die zentraleren Bezirke und erstreckt sich gleichermaßen auf Alt- und Neubauten. Internationale – oft größere – Mietinteressenten setzen bei der Anmietungsentscheidung einen hohen Gebäudestandard voraus, wodurch in erster Linie Neubauten oder jüngerer Gebäudebestand als Unternehmensstandorte infrage kommen.
Unternehmen mit einem Bezug zur öffentlichen Hand zählten vor allem am Standort Lassallestraße zu den wesentlichen Umsatzträgern im Jahr 2013. Stark im Fokus der Mieter standen auch wieder das Wiener Zentrum sowie die angrenzenden Achsen. Eine der größten Anmietungen der vergangenen Monate war der Vertrag mit dem Arbeitsmarktservice über rund 7.300 m² in der Ungargasse. Kapsch wird künftig rund 6.800 m² im in Errichtung befindlichen Euro Plaza Bauphase V nutzen. Die Stadt Wien MA 40 hat einen Mietvertrag über rund 4.400 m2 im 2nd Central Office am Park abgeschlossen.
Weniger Incentives bei Neuvermietungen
Neubauflächen – vor allem größere Flächen ab rund 2.000 – 3.000 m2, die einen zeitgemäßen Standard mit Doppelboden, Kühlung, mechanischer Be- und Entlüftung und einer guten U-Bahn-Anbindung aufweisen, werden aufgrund der aktuellen Marktentwicklungen knapper. In diesem Flächensegment wird es in der zweiten Jahreshälfte 2014 zu einer Verringerung der marktüblichen Incentives (gewährte mietfreie Zeit bzw. Sonderausstattung) kommen. In Abhängigkeit von der wirtschaftlichen Entwicklung kann es sogar zu einer generellen – wenn auch geringfügigen – Erhöhung der Mietpreise kommen. Derzeit beträgt die nominale Durchschnittsmiete rund 12,50 Euro netto pro Quadratmeter und Monat, die Spitzenmiete bewegt sich bei 24,50 Euro.
Das eingeschränkte Angebot im Core-Segment wird sich durch das geringe Fertigstellungsvolumen 2014 nicht relevant erweitern, die Nachfrage der Investoren in diesem Segment wird aber trotz steigender Preise hoch bleiben (Transaktionsvolumen von 1,7 Milliarden Euro österreichweit). Im opportunistischen Bereich ist mit einer Vergrößerung des Angebots an Bestandsobjekten zu rechnen. Da diese Immobilien nicht selten mit Nachvermietungsproblemen kämpfen, setzt sich der Käuferkreis aus Investoren zusammen, die nahe an der Immobilie agieren können, um eine Nachvermietung oder gar eine Umnutzung in Wohnen vorzunehmen.
2013 stellten nationale Investoren die größte Käufergruppe dar. Institutionelle wie private Investoren gehörten hierbei gleichermaßen zu den Umsatzträgern. Die Gruppe der privat organisierten Käufer – vor allem auch vermehrt Privatstiftungen – wächst im gewerblichen Segment aufgrund der anhaltend hohen Preise für Wohnimmobilien. Diese Nachfrage von Investoren mit hohem Eigenkapitalhintergrund wird auch durch das nachhaltig niedrige Zinsniveau von Alternativinvestments begünstigt. Büroimmobilien stehen bei der Prüfung von gewerblichen Investitionsmöglichkeiten jedoch klar im Vordergrund.
Auch Geschäftsflächen stark nachgefragt
Unabhängig davon dürften nationale und internationale Investoren Wien als Markt für Retailimmobilien für sich entdeckt haben. Immerhin wird der starke Zuwachs an Einkaufszentrumsflächen in der Bundeshauptstadt problemlos vom Markt absorbiert werden, wie der soeben erschienene „Geschäftsflächenbericht 2014″ von EHL Immobilien prognostiziert. Satte 60.000 m² Mietflächen in Einkaufszentren der Topkategorie im Wiener Stadtgebiet werden 2014 fertiggestellt – und davon wird praktisch kein Quadratmeter unvermietet bleiben, prognostiziert EHL.
Die Flächen verteilen sich dabei auf das Einkaufszentrum am Hauptbahnhof (20.000 m²), das Goldene Quartier in der Innenstadt (11.500 m²), das City Gate im Norden (20.000 m²) und die Erweiterung des Auhofcenter im Westen der Stadt um 10.000 m². „Die Vorvermietung für alle vier großen Projekte verläuft ausgezeichnet“, erklärt Jörg Bitzer, Leiter der Abteilung Einzelhandelsimmobilien von EHL Immobilien. „Es zeichnet sich nicht nur eindeutig ab, dass überall Vollvermietung erreicht werden wird, es gibt auch bereits einige Ketten, die nicht zum Zug gekommen sind und die nur darauf warten, dass irgendwo im Bereich der neu entstehenden Topflächen eine Lücke frei wird.“ Dieser Nachfrageübergang sorgt dafür, dass die Mieten für Topobjekte stabil bleiben und sogar weiterhin Aufwärtstendenzen aufweisen. Österreich teuerstes Pflaster, der Kohlmarkt, liegt mit teilweise mehr als 350 Euro pro m² bereits im europäischen Spitzenfeld.
Problemzone Mariahilfer Straße
Der Erfolg der neuen Projekte bleibt aber nicht ohne Folgen für die etablierten Standorte. B- und C-Lagen, die sich bereits seit langem in einem Abwärtstrend befinden, registrieren sinkende Kundenfrequenz und steigende Leerstände.
Neben der verschärften Konkurrenzsituation und der Insolvenz einiger Ketten im mittleren bis niedrigen Preisbereich (Niedermeyer, daily/Schlecker) ist dafür insbesondere die zunehmende Bedeutung des Onlinehandels verantwortlich. Einige Fragezeichen tun sich auch im Bereich der wichtigsten österreichischen Einkaufsstraße, der Mariahilfer Straße, auf. Viele Einzelhändler warten derzeit das Ergebnis der bevorstehenden Volksbefragung ab, bevor sie Entscheidungen über Neuanmietungen, Umzüge oder Absiedelungen treffen.
„Die aktuelle Phase der Unsicherheit ist definitiv ein Problem“, so Bitzer. „Wie auch immer die Mariahilfer Straße in Zukunft gestaltet sein wird, wichtig ist, dass die Entscheidung bald fällt.“