Turbulente Marktplätze

Immobilienplattformen
06.10.2021

 
Immobilienportale sind bei den Massen für die Recherche beliebt. Suchende direkter ans Ziel zu bringen könnte die nächste Entwicklung sein. Neue Werteversprechen gehen mit neuen Preismodellen einher.
Die neuen Ansichten bei Portalen sind geordneter und übersichtlicher. Vorselektion für mehr Treffsicherheit ist außerdem angesagt.

Vor mittlerweile fünf Jahren hat der Gründer einer bekannten Immobilienplattform bei einer Veranstaltung eine Prognose gewagt: „Das Listing wie wir es kennen wird von personalisierten Angeboten abgelöst werden.“ Bislang ist das nicht passiert und dass das so schnell auch nicht kommen würde, war dem heutigen Investor damals auch schon klar. Die großen Plattformen wären zu schwerfällig und daher seien auch kleine Neuerungen manchmal schon schwer genug für sie. Tatsächlich wird man beim „Durchforsten des Internets“ manchmal den Eindruck nicht los, dass bei dem einen oder anderen Anbieter am Markt die Zeit stehen geblieben ist.

Die Großportale

Über die Großen, welche den Markt dominieren, kann man das freilich nicht so einfach behaupten. Bei der Immowelt zum Beispiel wurde letztes Jahr eine App herausgegeben, welche Immo-Angebote auch als Push-Nachricht aufs Smartphone bringt und per „Klick“ kommt man dann gleich weiter ins Exposée. „Mit unserer App geben wir Suchenden das ideale Werkzeug in die Hand um schneller zu sein als die Konkurrenz“, sagt der Vorstandsvorsitzende der Immowelt AG, Cai-Nicolas Ziegler. Einer der einen groß angelegten Relaunch rechtzeitig noch vor der Pandemie durchgezogen hat, ist der ImmobilienScout. Beim Mutterkonzern Scout24 AG, verlautet man einen Geschäftsbericht mit 110,2 Millionen Euro an Halbjahreserlösen aus den laufenden Geschäften aus Immobilienmarktplätzen. Neue Produkte zur Mandatsvermittlung würden stark zu den Umsätzen beitragen und man leitet daher auch den Wandel zu einer Vernetzungsplattform ab. Erstmals überhaupt, so heisst es in der Präsentation der Halbjahresergebnisse, hätten so genannte „Plus-Produkte“ den Halbjahres-Nettoumsatz durch klassische Inserate überholt. Letzterer wird mit 23,2 Millionen Euro beziffert. Das Geschäftsmodell scheint sich also langsam doch weg vom Bezahlen fürs Einstellen und hin zum Bezahlen eines Service zu bewegen. Die zuletzt bekannt gewordenen Übernahmen von vermietet.de und Wohnungsboerse.net unterstreichen das indirekt über deren Ausrichtung. Die Immosuchmaschine.at mit 400.000 Inseraten von 24 Einzelplattformen hat sich das Unternehmen vor zwei Jahren auch gesichert. Markus Dejmek, Geschäftsführer des ImmoScout24 in Österreich, beschreibt den Vorteil der Mehrmarkenstrategie für Kunden: „Wer einen Vertrag mit uns eingeht, ist automatisch auf allen unseren Plattformen vertreten.“ Dieses Angebot gelte für alle Anbieter. „Über unsere Plattformen findet ein erheblicher Anteil am Gesamttraffic im Bereich der Immobiliensuche statt“, sagt Dejmek und leitet daraus auch eine höhere Wahrscheinlichkeit ab, dass ein Käufer oder Mieter am Ende bei diesen dabei ist. Hört man sich nach den bedeutendsten Portalen um, fallen dann oft die gleichen Namen. Neben dem bereits erwähnten, ImmobilienScout und Immowelt, wird auch Willhaben immer wieder genannt.

Der beliebteste Marktplatz

Den aktuellen Stand der Dinge beim Marktplatz Willhaben abgefragt, wird verlautet, dass mit Video-Beratungsgesprächen, virtuellen Besichtigungen, Live-Videos, Virtual-Reality und digitalen Vertragsabwicklungen ein Technologiesprung in der Vermittlungsbranche passiert sei. „Während viele Unternehmen bis zuletzt beim Phänomen Proptech einfach dabei sein wollten, wurde ihnen jetzt schnell bewusst, dass die Integration von property technology tatsächlich auch notwendig ist“, sagt Judith Kössner, die Leiterin des Immobiliengeschäfts im Unternehmen. Suchende auf dem top Marktplatz würden außerdem nun vermehrt auf genaue Angaben zur Immobilie und zum genauen Standort Wert legen. Das Planmaterial ist da zum Beispiel angesprochen und eine treffende Lagebeschreibung. Die Maklerunternehmen, so die Erfahrungen, würden nun vermehrt virtuelle Rundgänge liefern. Selbst verschreibt man sich der Innovationstätigkeit zwecks laufender Verbesserung der Plattform. Für schnelles Vermieten und Verkaufen sieht man sich aus dem Grund sowie wegen der großen Reichweite und der nicht minder großen Markenbekanntheit als verlässlicher Partner.

Die Mitbewerber

Bei der Mediaprint hatte sich ebenfalls vor Ausbruch der Pandemie etwas getan. Da war es nämlich zur Übernehme des Bazar und der Suchmaschine Immmo.at gekommen. Alle Portale sind außerdem seit letztem Jahr in einer eigenen Marketinggesellschaft aufgehoben. Das neu gestartete Endkundenportal der Immobilien Marktplatz GmbH mit Namen Dibeo.at wird vom deutsch-österreichischen Verlagshaus betrieben. Eine grundlegende Innovation in Bezug auf die Immobilienplattformen wird bei der Mediaprint angekündigt, vorerst ohne Näheres zu verraten. Was sich jetzt schon schwer verbergen lässt, ist dass die Anzeigenseite der Krone veraltet ist. Als beständigste und beliebteste Plattform der Mediaprint gilt auf jeden Fall jene des Immo.Kurier und dessen online Auftritt scheint up-to-date. Für eine landesweite Objektvermarktung gibt es Alternativen. Wohnnet.at, eine Content-Plattform rund ums Wohnen und Bauen zum Beispiel hat nach eigenen Angaben 30.000 Immobilien im Angebot. Ein deutscher Regionalverlag hat hier das Geschäft zuletzt übernommen. ImmoAds, das Portal aus der Mediengruppe Österreich, zählt sich zu den Frequenzstärksten. Mit unter 10.000 eingestellten Objekten fürs ganze Land kann man dort Suchenden allerdings kein „Riesenangebot“ bieten. Fürs Erreichen eines Zielpublikums mit mehr Kaufkraft scheint dafür der Standard beliebt zu sein oder eigentlich dessen Immobilienseite. Hier sind 14.000 Kaufwohnungen eingestellt und rund 11.000 Mietwohnungen. Aktuell läuft landesweite die Werbung für eine neuen Submarke an. Unter dem Namen Finden.at sind bei jenem Portal Immo-Angebote ohne den Umweg über die Zeitung aufrufbar. Das neu aufgesetzte Portal soll Suchkunden mit dem Anspruch nach einer Wunschimmobilie zufrieden stellen. Das Geschäftsmodell fürs Einstellen ist erfolgsbasiert und passiert per Anfragenweiterleitung. Bezahlt werden muss nur, wenn auch Anfragen kommen und zwar deren mindestens drei. Im Fall des Falles fällt beim Makler eine „Flatrate“ von fünf Euro pro Objekt und Monat an. Hat jemand ein Objekt für sich entdeckt, wird über ein pop-up Fenster das Maklerbüro kontaktiert. Die Plattform ist insofern neuartig, da die Vorgänge nicht mehr auf eine endlose Liste mit Weiterklicken am Seitenende hinaus laufen. Statt dessen kommt es mehr aufs intelligente Setzen der Filter an. Zu gunsten der übersichtlicheren Aufmachung und dem einheitlichen Objektauftritt muss hier der Makler mit seiner Marke zunächst aber in den Hintergrund treten.

Die Spezialisten

Ein strukturiertes Anzeigenformat hat mittlerweile auch Findmyhome, dem Portal exklusiv für Profiverkäufer. Kaufkräftige Suchkunden sollen hier mit Qualität und Transparenz bedient werden. Durch das hauseigene Makler-Gütesiegel, würden diese auf den ersten Blick erkennen können, dass es sich um einen ausgezeichneten Anbieter handelt. Suchende sind dann auch eingeladen, selbst zu bewerten. „Die User können sich darauf verlassen, ein marktkonformes, transparentes und seriöses Angebot auf unserer Seite zu finden“, sagt Findmyhome-Geschäftsführer Benedikt Gabriel zum Anspruchsniveau der Plattform. Das würde sich letztlich endlich auch für die Maklerkunden positiv auswirken. Auf einen Anteil mit hoher oder sehr hoher Zahlungsbereitschaft von 87 Prozent wird in den Unterlagen verwiesen. „Premium Living“ heißt ein noch junger Plattform-Ableger der besonders exquisite Angebote bereithält. „Wer hier ein Inserat bucht, wird zusätzlich über unsere Social-Media-Kanäle repräsentiert und profitiert von unseren Medien-Partnerschaften“, streicht Gabriel hervor. Ein Spezifikum sei hier zum Einen die internationale Ausrichtung. Zum Anderen gäbe es bei exklusiven Objekten längere Durchlaufzeiten. Die würden genutzt, um bei der „richtigen Zielgruppe“ mit online Re-Targeting und PR zu werben. Mit dem Portal Immobilienkategorien oder -klassen separat zu vermarkten ist generell im Trend. Für Office Space, Serviced Apartments, Pop-Up-Shops oder die WG zum Beispiel gibt es international aufgesetzte Spezialportale. Gezielt den Suchfokus auf Neubauwohnungen hat der in München gestartete Neubaukompass. Der erweitert sein Angebot immer mehr über die Grenze nach Österreich. Hier wird Bauträgermaklern versprochen, dass Projekte über diverse Anschlusskanäle gezielt weiter getragen werden. Was die Zahl der Suchkunden betrifft, soll die Aufmerksamkeit mit jenen von größeren Portalen daher mithalten können. Eine ambitionierte, heimische Alternative ist übrigens mit dem Neubauspot.at ganz neu gestartet.

Die vielen Immobilienportale

Die Preise der Immobilienportale sind in aller Regel an die Menge der Anzeigenschaltungen gebunden, wobei der Preis, ganz klassisch, mit der Menge runter geht. Plattformanbieter machen sich deswegen so ihre Gedanken über die Erlössituation. Angesichts des Millionenwertes von vermittelten Objekten, so die Einwände eines Mitbewerbers hinter den Kulissen, seien die Einstellpreise unzufriedenstellend. Außerdem wäre es so, dass sich Metaplattformen als Suchmaschine oben drauf gesetzt haben, welche sich zusätzliche Klicks gerne ablösen lassen. Der finanzielle Druck dürfte auch sonst gerade nicht weniger werden. Das landesweit stark ausgedünnte Immobilienangebot, von dem derzeit häufiger berichtet wird, könnte die Situation verschärfen. Weniger Inserate mit kürzerem Durchlauf sind nicht unwahrscheinlich. Unter 80 bis 100 online Portalen kann man in Österreich außerdem wählen, was für einen kleinen Markt einiges an Konkurrenz bedeutet. Nicht mehr als fünf bis zehn online Marktplätze werden von den Marktteilnehmern als bedeutend eingestuft. Ein paar davon kommen immer neu hinzu während erfolglose wieder verschwinden. Die Immobilienmarktplätze der Regionalmedien der Bundesländer können allerdings als konstante Lokalgröße gelten.

Die Heimfinder

Sich zu klassischen Immobilienportalen abgrenzen, das will man bei Findheim. Anzeigenlogik, wie sie von jenen geboten wird, sieht man als gestrig an. Als Grund für „mühsame Vermittlungsanbahnungen“ hat man jene Praxis außerdem identifiziert. Stattdessen lädt man erst einmal die Suchkunden ein, sich detailliert zu deklarieren. Mit dem Profil der Suchenden werden infolge Angebote abgeglichen oder wie es auch heisst: gematcht. Wenn eine Immobilie passt, wird weitergeleitet. Auf den Unterschied zu den Suchagenten von Plattformen angesprochen, wird auf ein effektives Abgleichen verwiesen. Das erfolgsbasierte Geschäftsmodell soll die Kosten beim Inserenten hier besser rechtfertigen, als das bei klassischen online Plattformen der Fall sei. „Wir ermöglichen eine digitale Vorqualifizierung und dann bleiben im Idealfall nur drei Besichtigungen“, gibt Jürgen Leger, Geschäftsführer von Findheim, ein Werteversprechen ab. So genannte „Secret Deals“ werden als Sonderkategorie beworben. Dabei bleiben Angebote vorerst ganz uneinsichtig. Durchgestartet wurde mit dem Schwerpunkt Neubauwohnung und zuletzt war von 8.000 Objekten die Rede, die an Interessierte herangetragen werden. Im Fall des Bestellerprinzips würde das Modell in der Vermietung genauso Chancen bieten.

Die Newcomer

Kommen die Neuerungen bei der Provisionsregelung, ist statt „Mietersuche“ auf einmal „Bewerbung“ angesagt. Für diesen Fall treten gerade Firmen aus dem Umfeld der Immobilienbranche mit online Lösungen neu in Erscheinung. Orea-Home.at soll zum Beispiel soll eine Art digitales Mietgesuch bieten. Bei trovato.immo wiederum möge der One-Stop-Shop Suchende anziehen. Teil des Ganzen ist hier die eigenständige Besichtigungsmöglichkeit mittels „App“ und „Airkey“. Vom Finden bis zur digitalen Vertragszeichnung soll am Ende alles eine online Erfahrung sein. Als Preis für die Abwicklung steht eine Monatsmiete im Raum. Für Suchende mit dem geeigneten Profil, ist der neue Mietvertrag bei Immomatch.at anscheinend nur ein paar „Klicks“ entfernt. Michael Maschina, der Geschäftsführer vom Betreiber Ruma Group erläutert: „Wir wollen die provisionsfreie Wohnungsvermittlung einläuten und ein Produkt schaffen, das die unpersönliche Art des Immobiliengeschäfts revolutioniert“. Beim rundum gratis angebotenen Produkt ist hier nicht nachvollziehbar, wo bei den Einnahmen am Ende der Hebel angesetzt wird. In den Startlöchern steht man außerdem beim WohnGuru.com. Der soll den Suchenden eine Liste mit persönlichen Immo-Favoriten mitgeben. Das Angebot wird hier Privatvermietern gemacht, welche Einstellen oder auch einen Exklusivauftrag an Makler vergeben. Ein Novum ist hier das Suchprofil für den Standort. Damit sollen Angebote jenseits von bekannten Lagen nach vorne gebracht werden. Ein persönlicher Score beim Objekt ist laut Webseiten-Info das Maß aller Dinge. Die in Österreich entwickelte Technologie wird als White-Label-Lösung außerdem für Suchagenten angeboten, „damit diese besser scouten“.