Technisches FM immer wichtiger

Facility Management
02.02.2023

Von: Redaktion OIZ
Dazu im Gespräch: Wolfgang Kradischnig, Geschäftsführer der Delta Gruppe und Vorstand der IG Lebenszyklus, und Margot Grim-Schlink, Gesellschafterin von e7 energy innovation & engineering sowie ebenfalls im IG-Lebenszyklus-Vorstand.

Frau in weißer Bluse
Margot Grim-Schlink: „Man kann auch bei wenig digitalisierten Gebäuden viel optimieren.“

OIZ: Was ist hinsichtlich Optimierung des Betriebs einer Immobilie über deren Lebenszyklus im Wesentlichen zu beachten? Wie relevant ist dabei Technisches Facility Management (FM)?

WOLFGANG KRADISCHNIG: Grundsätzlich muss man zum Thema Lebenszyklus sagen, dass die meisten Kosten einer Immobilie im Betrieb anfallen, nämlich 70 bis 80 Prozent. Die Errichtungskosten betragen demgegenüber nur etwa 20 Prozent. Daher gilt es, den Blick auf eine Gesamtbetrachtung zu erweitern. Technisches FM spielt dabei eine immer größere Rolle – weil die Gebäude immer technischer werden. Nicht nur, was gebäudetechnische Anlagen betrifft, sondern auch in der gesamten IT. Das Zusammenspiel dieser Komponenten ist ein hochkomplexes Thema, das geplant, aber in weiterer Folge optimiert werden muss – mit dem prioritären Ziel, die Nutzer einer Immobilie zufriedenzustellen. Da das Nutzerverhalten nie genau planbar ist, muss man bereit sein, auch bei laufendem Betrieb den Prozess zu monitoren bzw. beobachtend zu begleiten und zu optimieren.

OIZ: Was ist an Optimierung gefordert? Was ist machbar?

MARGOT GRIM-SCHLINK: In einem FM-Vertrag ist in der Regel das Thema Betriebsoptimierung bzw. Energiemonitoring und -effizienz enthalten. Allerdings meistens nicht sehr konkret. Das geht oft im Tagesgeschäft unter oder wurde zumindest bisher eher minimal abgehandelt. Das ändert sich derzeit rasant, primär wohl wegen der steigenden Energiekosten. Im Sinne einer Werterhaltungsstrategie ist denn auch viel machbar, wenn man den Wartungszyklus aktiv wahrnimmt. Etwa indem man die Lüftungsfilter früher tauscht, damit möglichst wenig Kraft für den Luftwechsel benötigt wird. Zum anderen sollte viel mehr mit den Daten gearbeitet werden. Ja, es muss stärker digitalisiert werden. Aber man kann auch bei wenig digitalisierten Gebäuden mit nur einem Wurzelzähler viel optimieren. So bekommt jedes Gebäude, das über 100.000 KWh verbraucht oder eine 50 KW-Anschlussleistung hat, vom Energieversorger kostenlos die 15-Minuten-Werte des Stromverbrauchs – oft auch Stundenwerte beim Wärmeverbrauch –, sodass ein Profi aufgrund einer Auswertung, einer Lastganganalyse, Schwachstellen finden kann. Dabei sieht man, wo unnötig Energie verbraucht wird, und kann gute Schlüsse auf Einsparpotenziale ziehen. Und je digitalisierter eine Immobilie ist bzw. je mehr Daten man zur Verfügung hat, umso besser kann man einsparmäßig arbeiten.

Mann im Anzug
Wolfgang Kradischnig: „FM muss auf Basis laufender Verbesserungen definiert werden.“

OIZ: Um welche Möglichkeiten, Energie einzusparen, geht es hier?

KRADISCHNIG: Die beste Möglichkeit, Energie einzusparen, ist, wartungsarme Geräte einzubauen. Filter können außerdem gereinigt und wiederverwendet werden, anstatt neue einzubauen. Die Abwärme des Gebäudes zum Heizen zu nutzen, ist eine sehr effiziente Variante der Wärmerückgewinnung. Allerdings müssen die Anlagen hierfür schon im Vorhinein ausgelegt worden sein; wie bei allen Nachhaltigkeitsmaßnahmen gilt es, diese so früh wie möglich einzubinden. Wichtig ist in Bestandsgebäuden auch die Gebäudedichtheit bzw. Luftdichtheit und die Vermeidung von Wärmebrücken. Die Verbesserung des Dämm-Standards, die thermische Optimierung von Lüftungsanlagen sowie die einfache Wartbarkeit der Anlagen sind ebenfalls zentrale Faktoren.

GRIM-SCHLINK: Beim Wohngebäude betreffen die wichtigsten Energiesparmaßnahmen vor allem das Heizen und die Beleuchtung. Ansonsten geht es auch bei uns in Österreich immer mehr um Lüftung und Kühlung. Und da vor allem um die tatsächlichen Betriebszeiten, sprich: zu kontrollieren, ob eine Anlage bedarfs- und jahreszeitgerecht einschaltet. Hier ist viel Einsparpotential vorhanden, ohne dass investiert werden muss.

OIZ: Wie kann effiziente Gebäudebewirtschaftung Störungen und Ausfälle gebäudetechnischer Anlagen vermeiden?

KRADISCHNIG: Zentral ist die präventive Wartung. Die Anlagen müssen regelmäßig und ordnungsgemäß gewartet werden. Bei Lüftungsanlagen müssen die Filter genauso getauscht werden wie Keilriemen und Zahnriemen bei Maschinen. Denn die Abnutzung führt dazu, dass sich die Leistung verringert.

GRIM-SCHLINK: Auch Monitoring kann teilweise helfen, gerade bei Lüftungsanlagen. Ein ganz wichtiges Thema ist das häufige Takten bei Wärmepumpen. Diese sind von der Planung her immer zu groß dimensioniert, sodass es im Betrieb gilt, die Einschaltzyklen zu reduzieren. Denn jeder Einschaltzyklus ist ein Verschleiß, eine zu viel taktende Wärmepumpe ist oft einige Jahre früher kaputt. Und das geht stark ins Geld.

Mann und Frau vor einem Notebook
Da das Nutzerverhalten nie genau planbar ist, muss man bereit sein, auch bei laufendem Betrieb den Prozess zu monitoren und zu optimieren.

OIZ: Was sind die größten Fehlerquellen?

KRADISCHNIG: Die Anlagen nicht oder zu lange nicht zu warten. Beim Thema Nachhaltigkeit ist auch einer der Fehler, sich nur auf die Energieeinsparung und nicht auch auf das Energiemonitoring zu fokussieren. Denn das FM muss auf Basis laufender Verbesserungen definiert werden.

GRIM-SCHLINK: Das Thema Energiemanagement geht im Tagesgeschäft häufig unter. Die vorhandenen Daten werden nicht richtig ausgewertet oder überhaupt vernachlässigt. Und bei der heute oft schon installierten Gebäudeleittechnik wird zum Beispiel nicht auf Nacht-, Wochenende- und Feiertage-Einstellungen geachtet.

OIZ: Ab wann muss FM in ein Projekt eingebunden werden?

KRADISCHNIG: Je früher in der Planung, desto besser. Schließlich muss klar sein, welche Anlagen eingebaut werden sollen und was sie im späteren Betrieb können müssen. Gerade bei größeren Betrieben wird oft ein einheitliches FM gewünscht, weil bestimmte Anlagen schon standardgemäß eingesetzt werden und die entsprechenden Ersatzteile bereits im Lager vorhanden sind.

OIZ: Gibt es genug Fachkräfte für Technisches FM?

KRADISCHNIG: Die Möglichkeiten der Ausbildung und Informationen sowie berufliche Chancen in diesem Bereich sind ausbaufähig. Die Scheu vor technischen Berufen ist allgemein noch immer groß. Dem könnte mit attraktiven Jobangeboten und besserer Aufklärung über das Tätigkeitsfeld entgegengewirkt werden.

OIZ. Gebäudetechnische Anlagen sind – normenbedingt – in der Regel überdimensioniert ausgelegt. Wie ist diesbezüglich Optimierung möglich?

GRIM-SCHLINK: Wir schrieben 2020 für die Stadt Wien einen Leitfaden, wie man das machen kann. So empfehlen wir auf jeden Fall, die Normberechnung zu machen, aber man kann eine gebäudetechnische Anlage auch schon innerhalb der Norm besser dimensionieren. Denn die Norm gibt Default-Werte vor, beispielsweise einen Wärmebrückenzuschlag und den – in der Realität eher unwahrscheinlichen – 100%igen Gleichzeitigkeitsfaktor, also die Auslastung eines Versorgungssystems, wenn es alle Verbraucher zur gleichen Zeit mit voller Leistung nutzen. All diese Werte kann man mehr der Realität anpassen. Zum Teil gibt es schon Zusatznormen, nach denen Anlagen unter gewissen Rahmenbedingungen kleiner dimensioniert werden können. Wenn man das richtig macht, kann man die Dimensionierung um geschätzte 20 bis 30 Prozent reduzieren. Parallel dazu empfehlen wir eine Anlagensimulation, bei der wir vielfach schon gesehen haben, dass man bis zu 80 Prozent kleiner dimensionieren kann. Diese der Normberechnung gegenüberzustellen hilft, gute Entscheidungen zu treffen, wie man bedarfsgerechter dimensionieren kann. Richtig ausgeführt und dokumentiert, gilt eine Simulation auch vor Gericht.