Stagnierende Preise

Statistik
05.05.2023

Von: Redaktion OIZ
Der kürzlich vorgestellte Immobilienpreisspiegel 2023 zeigt, dass sich die Dynamik der anhaltenden Preisanstiege der vergangenen Jahre deutlich abschwächte. Verkäufer und Käufer warten ab. Entscheidungen werden verschoben.

Waage Haus - Geld
Nichtsdestotrotz ist die Nachfrage nach Immobilien weiter stark.

Alle Jahre wieder präsentiert der Fachverband der Immobilien- und Vermögenstreuhänder der Wirtschaftskammer Österreich (WKO) in Form einer Pressekonferenz den Immobilienpreisspiegel. Heuer war es am 12. April 2023 so weit. Dabei zeigte sich, dass sich die Dynamik der anhaltenden Preisanstiege in den vergangenen Jahren – vor allem von 2021 auf 2022 – merklich abschwächte. Nach kontinuierlichem Wachstum, das in einigen Immobiliensegmenten und Bundesländern enorm war, wurde dieses aufgrund der aktuellen wirtschaftlichen Unsicherheiten nun gebremst.

Etliche Unsicherheitsfaktoren

Fachverbandsobmann Gerald Gollenz erläuterte bei der Pressekonferenz: „Seit Herbst 2022 ist zum ersten Mal seit zehn Jahren ein Rückgang bei Immobilientransaktionen zu bemerken.“ Die Nachfrage nach Immobilien ist jedoch nach wie vor stark; sowohl bei privaten als auch bei gewerblichen Investoren. Auch die Maklerunternehmen berichten von anhaltend guter Auftragslage, allerdings kommen die Abschlüsse oft nicht zustande: Verkäufer und Käufer warten ab, wie sich die Preise entwickeln werden. Entscheidungen werden verschoben.

„Ich habe in meiner beruflichen Laufbahn schon viele ‚Hochs und Tiefs‘ der Immobilienwirtschaft erlebt, aber selten so viel Verunsicherung gesehen wie derzeit“, sprach Gollenz eine Vielzahl an Faktoren an, die auf die Immobilienwirtschaft wirken: Inflation, steigende Zinsen, verschärfte Kreditvergaben sowie die hohen Energiekosten. Der Fachverbandsobmann führte weiter aus:„Die dynamischen Preisentwicklungen der letzten Jahre gehören vorerst der Vergangenheit an. Durch die gesunkene Nachfrage werden die Preise im laufenden Jahr mit wenigen Ausnahmen stagnieren.“ Ein Rückgang oder gar Preisverfall am Wohnungsmarkt sei allerdings nicht zu erwarten.

Am Beispiel Baugrundstücke

Der aktuelle Preisspiegel gibt den Rückgang der rasanten Preisanstiege in ganz Österreich wieder. Johannes Wild Fachverbandsobmann-Stellvertreter und Fachgruppenobmann Niederösterreich, erklärt: „Dies wird etwa auch anhand von Baugrundstücken deutlich, die im Jahr 2022 in fast allen Bundesländern Steigerungen im zweistelligen Prozentbereich aufwiesen.“ Im aktuellen Preisspiegel trifft dies nur mehr auf Wien zu. „Prognosen zur Preisentwicklung lassen sich derzeit nur schwer treffen“, ergänzte Michael Pisecky, stellvertretender Fachverbandsobmann und Fachgruppenobmann, abschließend bei der Pressekonferenz.

BUNDESLÄNDER-TRENDS

Blick über die Donau auf Linz
In Oberösterreich bleibt Linz bei Eigentumswohnungen – gebraucht sowie Erstbezug – das teuerste Pflaster im Bundesland.

Burgenland: Bei Erstbezug-Eigentumswohnungen im Durchschnitt

Ludwig Bresich, Fachgruppenobmann der Immobilien- und Vermögenstreuhänder in der Wirtschaftskammer Burgenland: „Bei Eigentumswohnungen im Erstbezug reiht sich das Burgenland mit einem Anstieg von 5,95 Prozent wieder in die durchschnittliche Entwicklung in Österreich (5,77 Prozent) ein. Am teuersten ist derzeit der Quadratmeter in Neusiedl am See mit 3.250,58 Euro, gefolgt von der Landeshauptstadt Eisenstadt mit 2.774,75 Euro, Eisenstadt-Umgebung mit 2.465,66 Euro und Rust (Stadt) mit 2.466,73 Euro.“

Kärnten: Stärkerer Anstieg bei „Eigentum gebraucht“

Paul Perkonig, Fachgruppenobmann der Immobilien- und Vermögenstreuhänder in der Wirtschaftskammer Kärnten: „Auffällig ist, dass in der Kategorie ‚Eigentum gebraucht‘ die Preise stärker als in den letzten Jahren angezogen haben. Zurückzuführen ist das auf die größere Nachfrage bei gebrauchten Immobilien, da sie um einiges günstiger als Neubauten sind. Betrachtet man nämlich den Durchschnittspreis über ganz Kärnten, so liegt die Preisdifferenz zwischen neuen und gebrauchten Immobilien bei rund tausend Euro pro Quadratmeter. 2.681,41 Euro pro Quadratmeter zahlt man derzeit für eine neue Wohnung, bei den gebrauchten sind es durchschnittlich 1.550,83 Euro.“

Niederösterreich: Geringerer Preisdruck

Johannes Wild, Obmann-Stellvertreter des Fachverbands der Immobilien- und Vermögenstreuhänder der WKÖ und Fachgruppenobmann in der Wirtschaftskammer Niederösterreich: „Betrachtet man Niederösterreich, so zeigt sich, dass auch in diesem Bundesland die Nachfrage einen Einbruch zu verzeichnen hat. Dies spiegelt sich vor allem in den prozentuellen Veränderungen zum Vorjahr wider. Der Preisdruck hat stark nachgelassen. Die Steigerungen haben sich im Vergleich zum letzten Immobilienpreisspiegel faktisch halbiert. Dennoch sind sie, wenn man die letzten Jahre betrachtet, relativ hoch geblieben. Die Steigerung liegt zwischen 5,56 Prozent bei den Einfamilienhäusern bis hin zu 8,53 Prozent für Baugrundstücke.“

Oberösterreich: Linz bleibt in Front

Mario Zoidl, Fachgruppenobmann der Immobilien- und Vermögenstreuhänder in der Wirtschaftskammer Oberösterreich: „Die Preissteigerungen bei Eigentum im Erstbezug sind mit 6,18 Prozent ähnlich wie im Vorjahr, womit Oberösterreich nur knapp hinter Kärnten und Niederösterreich liegt. Selbiges gilt für gebrauchte Eigentumswohnungen mit durchschnittlich 6,62 Prozent – ebenfalls hinter Kärnten und Niederösterreich. In beiden Assetklassen ist Linz weiterhin der teuerste Boden, gefolgt vom Bezirk Gmunden.“

neue Wohnanlage
In Graz (Stadt) kostete eine Neubauwohnung durchschnittlich Euro 3.750,55 pro Quadratmeter.

Salzburg: Relativ geringe Preisdifferenz zwischen Ein- und Reihenhäusern

Roman Oberndorfer, Fachgruppenobmann der Immobilien- und Vermögenstreuhänder der Wirtschaftskammer Salzburg, Berufsgruppensprecher-Stellvertreter Immobilienverwalter im Fachverband: „Eingebremst hat sich die Preisentwicklung bei den Reihen- und Einfamilienhäusern. Das hat natürlich auch mit den bereits sehr hohen Preisen zu tun, die zahlreiche Menschen - unabhängig von der Kreditverschärfung - abgehalten haben, in diesem Segment zu suchen. Hier lag die Preissteigerung unter der Inflation. Interessanterweise ist der Preisdifferenz zwischen Reihen- und Einfamilienhäusern im gesamten Bundesland eher gering. Die Durchschnittspreise bei Reihenhäusern liegen bei 2.772,07 Euro, bei Einfamilienhäusern kostet der Quadratmeter 3.063,73 Euro.“

Steiermark: Preise in Graz-Stadt und -Land weiter am höchsten

Gerald Gollenz, Obmann des Fachverbandes der Immobilien- und Vermögenstreuhänder der WKÖ und Fachgruppenobmann in der Wirtschaftskammer Steiermark: „Bei den Eigentumswohnungen im Erstbezug und bei gebrauchten Wohnungen fiel die Steigerung quer durch das gesamte Bundesland im einstelligen Prozentbereich aus. Ausreißer sind 2022 nicht erkennbar. Natürlich sind nach wie vor die Preise in Graz und Graz Umgebung am höchsten, bei den Neubauwohnungen kommen die Bezirke Leibnitz und Weiz näher heran, wobei Graz (Stadt) mit 3.750,55 Euro pro Quadratmeter teilweise um mehr als tausend Euro teurer ist. Bei den gebrauchten Wohnungen zeigt sich ein ähnliches Bild und auf die Landeshauptstadt folgen Leibnitz und die Südoststeiermark.“

Tirol: Erhebliche Veränderung seit Mitte 2022

Philipp Reisinger, Fachgruppenobmann der Immobilien- und Vermögenstreuhänder in der Wirtschaftskammer Tirol: „Im Mietwohnungsneubau lagen die höchsten Steigerungen von eben mal 6,07 bis 6,69 Prozent in den Bezirken Innsbruck, Innsbruck Land und Landeck. Keine Verwunderung, weil Wohnungssuchende mangels Alternativen am Eigentumsmarkt vielfach gezwungen sind, auf den Mietwohnungsmarkt auszuweichen. Leider sind davon viele Jungfamilien betroffen.“

Arno Wimmer, Fachgruppenobmann-Stellvertreter der Immobilien- und Vermögenstreuhänder der Wirtschaftskammer Tirol, Berufsgruppensprecher der Immobilienmakler im Fachverband: „Der Immobilienmarkt in Tirol hat seit Mitte des Jahres 2022 eine erhebliche Änderung erfahren. Im ersten Halbjahr war noch eine zunehmende Nachfrage und steigende Preise bei durchwegs allen Objektarten zu verzeichnen. Ab Mitte des letzten Jahres ist die Nachfrage um rund 30 Prozent zurückgegangen und es wurden mehr Immobilien angeboten.“

Vorarlberg: Auffällig weniger Verkäufe
Günther Ammann, Fachgruppenobmann der Immobilien- und Vermögenstreuhänder in der Wirtschaftskammer Vorarlberg: „Die großen Preissprünge, wie wir sie die letzten Jahre erlebt haben, sind vorbei. Tatsächlich gingen 2022 die Verkäufe von Wohnimmobilien in Vorarlberg auffällig stark zurück. Zugleich zeigte sich aber auch eine Abschwächung der Preise – eher eine Seitwärtsbewegung. Der Markt hat sich definitiv beruhigt, was auch an dem vergleichsweisen niedrigen prozentuellen Anstieg der Preise ersichtlich ist. Diese war bereits im 3. Quartal spürbar, aber vor allem im 4. Quartal.“

Wien: Preise weiterhin auf hohem Niveau

Michael Pisecky, Obmann-Stellvertreter des Fachverbandes der Immobilien- und Vermögenstreuhänder der WKÖ und Fachgruppenobmann in der Wirtschaftskammer Wien: „Die Dynamik in der Bundeshauptstadt lässt nach, aber die Preise blieben weiterhin auf einem hohen Niveau. Das betrifft alle Assetklassen und wird sich auch in der kommenden Zeit kaum verändern. Das Gut, das am knappsten ist, steigt im Preis am höchsten: die Baugrundstücke. 10,77 Prozent sind es in Wien und nur in Klagenfurt war die durchschnittliche Steigerung mit 12,48 Prozent höher. Allerdings sind die Preise in der Kärntner Landeshauptstadt weitaus günstiger. Dennoch hat Wien mit 881,69 Euro pro Quadratmeter nicht die teuersten Baugrundstücke im Vergleich mit den Landeshauptstädten. Salzburg (Stadt) mit 1264,6 und Innsbruck mit 1193,44 liegen noch vor der Bundeshauptstadt. In beiden Städten macht sich die Begrenztheit von Grund und Boden noch stärker bemerkbar als in Wien.“