Sicher ist sicher …

09.09.2014

Oder mal schauen, was eigentlich Sache ist: zum einen die rechtliche Situation betreffend, zum anderen das, was Usability-seitig sinnvoll ist. Innerhalb dieser Spannbreite bewegen sich die Ansichten der Maklersoftware-Anbieter in puncto Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz (FAGG).

Lösung von Webreal: Der Makler kann alle relevanten Dokumente als PDF in der Dateiablage des Programms hinterlegen, sie stehen dann beim Versenden von Angeboten wieder zur Verfügung.

Seit 13. Juni 2014 ist es also in Kraft, das neue EU-Verbraucherrechte-Richtlinie-Umsetzungsgesetz (VRUG) und damit verbunden das Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz (FAGG). Wesentlichster und zentraler Inhalt des Gesetzes ist – die OIZ berichtete – das Recht des Verbrauchers, von einem Fernabsatzvertrag oder einem außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossenen Vertrag binnen 14 Tagen ohne Angabe von Gründen zurückzutreten. Somit gelten auch für die Immobilienmakler neue Regeln, verbunden mit einer Reihe von Informationspflichten gegenüber den Verbrauchern. In welcher konkreten Form diesen Informationspflichten nachzukommen ist, um dem Gesetz zu genügen, darüber gehen die Rechtsmeinungen noch auseinander.

Bis hin zu der extremen Meinung, dass, obwohl im Gesetz stehe, dass der Makler mit seinem Maklervertrag von diesem Gesetz betroffen sei, es mit dem Makler überhaupt nichts zu tun habe, da es als Rechtsmissbrauch einzustufen wäre, wenn man sich zuerst ein Objekt zeigen lasse, um es zu kaufen oder zu mieten, und danach von diesem Vertrag zurücktritt. „Dieser Rechtsmeinung ist auch etwas abzugewinnen“, sagt etwa Christian Kaindl, Geschäftsführer der Ediorg Software GmbH, Linz, „aber das werden wir erst in ein paar Jahren wissen, nämlich dann, wenn die ersten Klagen kommen.“

Als Motivation zum Nichthandeln der Makler will Kaindl diese extreme Rechtsmeinung freilich nicht verstanden wissen, ganz im Gegenteil: Er ist erstaunt, „dass sehr viele Makler sich noch überhaupt nicht um das FAGG kümmern“. Er rechne damit, „dass etwa 70 Prozent der Makler noch ohne jegliche Rücksichtnahme auf das FAGG anbieten“.

Die Heavy-Variante
Soweit die Softwarehersteller die Makler in der Umsetzung des FAGG unterstützen können, wird dies in unterschiedlicher Weise gelöst. „Wir haben gemeinsam mit dem Immobilienwirtschaftsexperten Christoph Kothbauer zunächst einmal ausgearbeitet, was rechtlich das Wichtigste ist, und dann einen Ablauf vorgenommen, der hundertprozentig dem Recht entspricht“, sagt Kaindl von Ediorg. Und diese Version funktioniert folgendermaßen: 
Der Kunde des Maklers bekommt einen Link, wo sein PDF generiert wird, und während er früher sofort sein Angebot bekommen hat, folgen jetzt zwei Pop-ups. Im ersten muss er mit einem Häkchen bestätigen, dass er die Unterlagen bezüglich Nebenkosten und auch das schon vorausgefüllte Rücktrittsformular erhalten hat. Man kann die Software auch so einstellen, dass jeder neuangelegte Kunde sofort ein FAGG-Procedere-Kunde ist, auch rückwirkend. Dann, wenn der Kunde bestätigt hat, dass er die Unterlagen erhalten hat, öffnet sich ein zweites Pop-up mit der Aufforderung „Bitte sofort tätig werden“. „Das muss laut einigen Uni-Professoren und Herrn Kothbauer so gehandhabt werden, um hundertprozentige Rechtssicherheit zu haben“, sagt Kaindl.

Wenn der Kunde nach Erledigung der zwei Pop-ups weiterklickt, wird automatisch noch eine E-Mail generiert, wo die Nebenkostenübersicht und das Rücktrittsformular nicht mehr als Link, sondern auch als Anhang gesendet werden. „Das Gesetz verlangt nämlich explizit, dass der Kunde die Nebenkostenübersicht und das Rücktrittsformular auf einem permanenten Datenträger erhalten muss, wozu laut Bemerkungen zum Gesetz witzigerweise eben auch eine E-Mail zählt“, erklärt Kaindl weiter. Es reiche nicht, dass der Kunde dies nur mit einem Link bekomme, es müsse irgendwo als Anhang dabei sein und vom Versender nicht mehr veränderbar. Erst wenn das alles erledigt ist, öffnet sich automatisiert in einem Arbeitsgang das eigentliche Exposé bzw. Angebot. Die treibenden Kräfte hinter dieser sicheren Ediorg-Lösung waren die drei großen Kundengruppen Real-Treuhand, die Immo-Contract und Re/Max Österreich.

„Das ist sozusagen unsere Heavy-Variante, die als Erste online ging“, so Kaindl, „aber eine völlig flexible Variante, bis zu jeder Checkbox und jedem Text kann jedes Maklerbüro selbst festlegen, wie sein FAGG-Procedere ausschauen soll.“ Das gehe so weit, dass jeder seine eigenen Buttons von einem Pop-up weiter zum nächsten kreieren könne, bis hin zu ganz „Strengen“, die geschrieben hätten, „im Falle eines Abschlusses kostenpflichtigen Vertrag schließen“. Ediorg wird das FAGG-Prozedere demnächst auch in verschiedenen Sprachen unterstützen.

Lösung „light“, um Konsumentenausfall zu verhindern
Dieser „Höchstsicherheitsvariante“ hat Ediorg kürzlich aber auch noch eine zweite, etwas abgeschwächte Version online folgen lassen, die laut Geschäftsführer Kaindl „sehr viel mehr an Administrationsmöglichkeiten bietet“. Bei dieser Version öffnen sich nicht zwei, sondern nur ein Pop-up, einen Link zu den Verbraucherrechtsrichtlinien schon eingebaut in die erstversandte E-Mail. Warum überhaupt eine abgeschwächte, rechtlich möglicherweise nicht ganz so wasserdichte Variante? Kaindl: „Damit wollen wir dem Ediorg-Real-Nutzer eben völlig freistellen, wie er agieren oder wie streng er es haben will. Er kann selbst entscheiden, ob er es gar nicht, mit einer abgeschwächten Variante oder einer hundertprozentig gesetzeskonformen Variante macht.“ Denn zumindest in der Anfangsphase sei ja doch mit einem gewissen Ausfall von Konsumenten zu rechnen, die das alles zu kompliziert fänden und eben nicht auf diese Häkchen klicken würden, meint Kaindl.

Für einen seriösen Makler sei derzeit in Österreich nämlich das größte Problem, dass er sich, wenn er sich streng nach dem FAGG richte, eigentlich einen kleinen Wettbewerbsnachteil gegenüber dem nicht richtig agierenden Mitbewerb verschaffe. Langfristig aber werde freilich der seriöse Makler, der nach VRUG und FAGG arbeite, der Gewinner sein wird.

Flexible Lösung für alle Anforderungen
Als „tatsächlich praktikabel“ bezeichnet man bei TopReal das neueste Update der eigenen Maklersoftwarelösung zur Bewältigung des FAGG bzw. VRUG. Bereits zum Standard gehören bei TopReal automatisierte Lösungen zur Erfüllung der Informationspflichten, zur lückenlosen Dokumentation, anschaulichen Kennzeichnung und übersichtlichen Kontrolle von Fristen. So unterstützt TopReal seine User in der VRUG-konformen Kundenbetreuung beispielsweise mit intuitiven Interessentenkategorisierungen, farblichen Kennzeichnungen, bequemen Sortier- und Filtermöglichkeiten sowie praktischen Countdowns und Automatisierungen zur Termin­über­wachung.

Darüber hinaus können TopReal-User schon jetzt neue Erweiterungen in Hinblick auf ihre automatisierte Kommunikation nutzen – für ein einfaches Handling standardisierter E-Mails inklusive Anhängen. Geschäftsführer Horst Demmelmayer setzt dabei vor allem auf die Inputs aus der Praxis der Kunden: „Zahlreiche Gespräche mit unseren Userinnen und Usern haben uns gezeigt, wie unterschiedlich die neuen gesetzlichen Anforderungen im Job-Alltag gehandhabt werden. Das nächste TopReal-Update 7.3 wartet deshalb mit einer flexiblen Lösung für alle Anforderungen auf.“ Mit noch mehr Automatisierungen, speziell für die Anfragebearbeitung und den Anbotsversand. Schon bald hätten die Kunden ein Mailing-System in Händen, das völlig automatisiert mit Fristen, Informationspflichten, der Preisgabe von Objektinfos sowie Interessentenkategorisierungen umgehe, erklärt Demmelmayer, in welche Richtung es bei TopReal weitergeht.

Lösung für relativ einfachen Workflow
Webreal hat ebenfalls relativ rasch den Maklern eine FAGG-unterstützende Lösung zur Verfügung gestellt, „eine relativ simple Lösung“, wie Sales-Manager Christian Messner sagt, die folgendermaßen funktioniert: Der Makler kann alle relevanten Dokumente – zum Beispiel Gesetzblatt, WKO-Vorlagen oder auch die eigenen oder angepassten Dokumente – als PDF in die Dateiablage in das Programm hineinziehen und dort hinterlegen. Es steht dann beim Versenden von Angeboten bzw. eines Exposés wieder zur Verfügung. Wenn der Makler eine Anfrage zu einem bestimmten Objekt bekommt, informiert er den Interessenten über die gesetzlichen Bestimmungen. Bei Interesse erstellt der Makler mit zwei, drei Klicks für diesen Interessenten automatisiert und personalisiert ein Angebot samt Attachments wie Gesetzblatt und die VRUG- und FAGG-Informationsblätter. 
Im nächsten Schritt kann er beim Interessenten zum Beispiel noch Infos abspeichern wie „wurde informiert am soundsovielten um soundsoviel Uhr“. Und wenn dieser Interessent dann vom Rücktrittsrecht Gebrauch macht, kann der Makler dies im zweiten Teil nochmals notieren: „X hat das Formular zurückgesendet am soundsovielten“. „Also ein relativ einfacher Workflow“, so Messner. „Zunächst war das nur auf unserer Premiumstufe möglich, aber weil wir die Makler hier wirklich unterstützen wollen, ist das jetzt auch schon in der Stufe ‚Classic‘ verfügbar.“

Ähnlich einem Einschreiben an die Kunden
Werner Luttenberger, Kundenberater und Softwareentwickler der Grazer A24.at – Brandstätter KG (Makler-Software ImmoZ), beobachtet derzeit „aufgrund der unsicheren Angaben von allen Seiten, inklusive der Maklerinnung“, eher ein allgemeines Abwarten in Sachen FAGG. Vor allem die großen Portale hätten eigentlich noch nichts gemacht oder bestenfalls Minimallösungen geboten. „Auch wir haben uns erst einmal in Ruhe angeschaut, was eigentlich Sache ist, wie man damit umgehen soll, einerseits die rechtliche Situation betreffend, andererseits was Usability-seitig sinnvoll ist – um die Maklerkunden nicht mit Rechtstexten zuzudecken und sie damit abspenstig zu machen“, sagt Luttenberger.

„Wir werden aber bis zum Herbst ein Zusatzmodul zu unserer Software haben, das vom Gefühl her so ähnlich sein soll wie ein Einschreiben an den Kunden. Das heißt, man übermittelt dem Kunden Informationen wie das Nebenkostenblatt, auch Angaben zum Objekt, wenn der Makler das will, und natürlich auch die Informationen zu dem FAGG mit Rücktrittsrecht.“ Den Erhalt dieser Informationen könne man sich mit diesem System dann online bestätigen lassen, der Endverbraucher brauche also eine E-Mail-Adresse, ohne diese werde es zukünftig nicht mehr gehen, so Luttenberger.

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