Sanfter Lösungsversuch
Laute Feierlichkeiten, umstrittene Sanierungsmaßnahmen, kostspielige Umbauten. Innerhalb von Wohnungseigentümergemeinschaften sind Konflikte programmiert. Wenn die Vorzeichen stimmen, können Immobilienmediatoren schlichten.


Kinder träumen von Disneyland, Hausverwalter von Wohnanlagen, in denen die Eigentümer harmonisch miteinander leben. Etwaig auftretende Probleme werden einvernehmlich und mit Sachverstand gelöst. Entsprechend konstruktiv verlaufen die Eigentümerversammlungen. – Aufgewacht! Die Realität schaut anders aus. Die lieben Kleinen dürfen Mickey Mouse und Co nur alle heiligen Zeiten einen Besuch abstatten, und Hausverwalter schlägt in ihren Liegenschaften häufig alles andere als Harmonie entgegen. Es liegt in der Natur von Eigentümergemeinschaften, dass zwischen ihren Mitgliedern Konflikte auftreten. Das Zusammenleben von Menschen Wand an Wand und Decke an Decke läuft nicht friktionsfrei ab. Dementsprechend treffen bei den Eigentümerversammlungen entzweite Gruppen aufeinander, und Streitereien, die sich über Jahre ziehen, schaffen es immer wieder auf die Tagesordnung. Doch was tun? Wenn der Konflikt noch nicht eskaliert ist, gilt die Mediation (siehe Kasten) als geeignetes Verfahren, um ihn an der Wurzel zu packen und zu lösen.
Konfliktherd Gründerzeithaus
Elisabeth Kiesling ortet bei Scharmützeln innerhalb von Eigentümergemeinschaften nichtsdestotrotz keinen Trend zur Mediation: „Dies würde schließlich voraussetzen, dass sich die Beteiligten bewusst sind, dass aufgrund von verschiedenen Meinungen und Verhalten Differenzen bestehen. Es ‚menschelt‘ sozusagen.
Wohnungseigentümer befinden sich in einer Situation, die schon im Kleinen ihre Tücken zeigt: Mehrere Menschen haben Eigentum an einer Sache. Ganz im Gegensatz zu Überlegungen und Meinungsverschiedenheiten bei Bauprozessen und in professionellen Bereichen, wo Mediation immer häufiger zum Einsatz kommt.“ Mit ihrer Kiesling Group ist Kiesling unter anderem in der Immobilienverwaltung, -entwicklung und -verwertung, -bewertung und eben in der -mediation tätig. Sie weiß aus Erfahrung, dass sich Eigentümer, denen das gesamte Haus einmal gehörte, dieses häufig noch als „ihres“ sehen und weiterhin wie Alleineigentümer agieren möchten. Eine Situation, die für die neu hinzukommenden Parteien wirtschaftlich und menschlich auf Dauer nicht tragbar sein kann.
Davon unabhängig schaukeln sich Konflikte schon an Kleinigkeiten hoch wie an der Frage, in welcher Farbnuance das Stiegenhaus gestrichen wird. Wie viel mehr Zündstoff bieten da umfassende Sanierungen, in denen es bei den Gründerzeithäusern in Wien kein Vorbeikommen gibt! Kiesling erklärt: „Die einzelnen Eigentümer ziehen hier oft nur dann mit, wenn ihre Wohnung unmittelbar von der Maßnahme profitiert, etwa bei einem Fenstertausch, und der finanzielle Teil ‚gerecht‘ verteilt ist. Wenn nicht, legen sie sich dagegen quer, dass aus dem oftmals nicht genügend gefüllten Gemeinschaftstopf bezahlt wird.“ Bei etlichen Konflikten geht es um das liebe Geld. Denn in den vergangenen Jahren zeigte sich, dass vielen Eigentümern momentan die finanzielle Sicherheit fehlt. Sie konnten zwar das Geld für den – oftmals günstigen, weil unsanierten – Wohnungskauf aufbringen, für den Erhalt des ebenfalls sanierungsbedürftigen Hauses mangelt es ihnen aber an den Mitteln.
Klassiker: Lärmbelästigung, Entrümpelung und Co
Abseits von Sanierungs- und Baumaßnahmen streiten Wohnungseigentümer mit ihren Nachbarn wegen Problemen, die sich im täglichen Zusammenleben ergeben. Marko Weinberger von Weinberger Biletti Immobilien zählt auf: „Die Klassiker sind Lärmbelästigung, zu knapp verparkte Autos, Unstimmigkeiten über Gartenbenutzung und Entrümpelungen sowie Schuhe, Kasterln und Pflanzen, die auf den Gängen stehen.“ Laut dem eingetragenen Immobilienmediator und Mitglied des Vorstands der Vereinigung der Immomediatoren Österreichs (VIMO) vergiften Bagatellen wie diese häufig die Stimmung in Wohnanlagen. Entsprechend ruppig geht es dann bei den Eigentümerversammlungen zu. Weinberger betont vor diesem Hintergrund, dass ihm seine Mediationsausbildung auch in seinem Tagesgeschäft als Hausverwalter hilft: „Ich bin so viel besser gerüstet, wenn bei Eigentümerversammlungen die Wogen hochgehen.“
Norbert P. Feldinger, Geschäftsführer der npf Projektentwicklung, die fünf bis zehn Mediationen pro Jahr durchführt, nennt ein weiteres Argument: Seiner Erfahrung nach fällt es häufig auf die Hausverwaltung zurück, wenn es innerhalb einer Wohnungseigentümergemeinschaft zu Streitigkeiten kommt. „Schon allein deswegen ist es sinnvoll, dass bei brenzligen Eigentümerversammlungen ein Mediator anwesend ist. Denn dann ist der Hausverwalter außen vor. Darüber hinaus soll bei Eigentümerversammlungen mit mehr als zwanzig Parteien generell ein Mediator mit von der Partie sein. Wenn im Eifer des Gefechts alle durcheinanderreden, kann er helfen, die Meinungen den einzelnen Personen zuzuordnen“, so Feldinger.
KoMediator ab drei Konfliktparteien empfohlen
Die Mediationskosten hängen laut Elisabeth Kiesling stark vom Einzelfall ab: „Wenn sich zehn Parteien uneinig sind, benötigt man im Durchschnitt zwischen zwei und vier Sitzungen. Dabei dauert eine Sitzung zwei bis drei Stunden und kostet ab 150 Euro pro Stunde. Ab drei Konfliktparteien empfiehlt es sich, einen Komediator hinzuzuziehen.“
Es mutet beinahe skurril an, dass Mediationen manchmal nicht zustande kommen, weil sich die Streithähne nicht über die Aufteilung der Kosten für die Konfliktbeilegung einigen können. Oder aber das Verfahren ist ihnen prinzipiell zu teuer.