Online- gegen Printanzeige …
… das ist Brutalität, möchte man in Anlehnung an Qualtingers „Simmering gegen Kapfenberg“ meinen. De facto führen die beiden Werbekanäle jedoch ein harmonisches Neben- und sogar Miteinander.


Zitate über das World Wide Web – vor allem kritische – gibt es wie Sand am Meer. Ein treffendes stammt von der deutschen Publizistin Anita Berres, die konstatierte: „Lesen Sie schnell, denn nichts ist beständiger als der Wandel im Internet!“ Die erwähnte Schnelligkeit des Medienkanals bildet einen der gravierenden Vorteile für Immobilieninteressenten, die die zahlreichen Onlineplattformen durchstöbern. Denn Haus- beziehungsweise Wohnungssuchende wissen den raschen, unkomplizierten Zugriff auf die jeweilige Anzeige sowie das umfassende Angebot zu schätzen. Eine Nutzerverhaltensstudie von immobilien.net ergab allerdings, dass die User dieses umfassende Angebot teilweise überfordert. Um aus den dutzenden, manchmal mehreren hundert Objekten das richtige herauszufiltern, benötigen sie klar strukturierte Auswahlkriterien. Das tut der großen Beliebtheit von Internetplattformen bei Wohnungssuchenden jedoch keinen Abbruch.
Warum Makler auf diesen digitalen Vermarktungskanal setzen, erläutert Judith Kössner, Bereichsleiterin Immobilien bei willhaben.at (siehe Kurzinterview S. 15): „Man kann sein Objekt mit unbegrenzt vielen Bildern sowie ausführlichem Text perfekt und zeitgemäß in Szene setzen. Zudem kann der Standort der Immobilie direkt auf einer Karte angezeigt werden. Ein weiterer Aspekt ist natürlich das Faktum der Sichtungen. Online hat der Kunde den Vorteil, dass ein Objekt so lange publiziert bleibt, wie er dies möchte. Mittels Klicks und Anfragenmessungen bekommt er genaue Informationen darüber, wie oft das Inserat angesehen wurde.“ Noch ein Pluspunkt: Anzeigen können online leichter gefunden werden – automatische Suchagenten ermitteln Trefferlisten nach frei definierbaren Suchbegriffen.
Print erreicht andere Zielgruppe
Nichtsdestotrotz besteht kein Anlass, auf die gute, alte Printanzeige ein Abschiedslied anzustimmen. „Zeitungsannoncen werden allein schon deswegen nicht aussterben, weil sie eine andere Zielgruppe als Onlineanzeigen ansprechen. Diesen Menschen geht es um qualitative Lektüre, um Haptik sowie um das Bedürfnis, am Wochenende nicht ständig online sein zu wollen“, sagt dazu Daniel Deutsch, Geschäftsführer der auf Immobilienmarketing spezialisierten Agentur comm.at mit Büros in Innsbruck und Wien.
Der Werbeprofi betont allerdings, dass Inserate in Printmedien aufmerksamkeitsstark sein müssen. Die bloße Information über Eckdaten wie Grundriss und Preis reiche nicht aus. Gerade großflächige, sogenannte Raumanzeigen in den Immobilienteilen von „Der Standard“, „Die Presse“ oder „Kurier“ müssen die Gefühle der Interessenten ansprechen. Schließlich sind Miet- beziehungsweise Kaufentscheidungen extrem emotional geprägt und nur marginal bewusst gesteuert. Deutsch ortet hier Verbesserungspotenzial: „Noch immer bewirbt man die Immobilie selbst, statt den Kunden zu umwerben. Denn niemand sehnt sich nach Quadratmetern in bester Lage. Die Menschen sehen sich nach Gefühlen wie Sicherheit, Stabilität und Harmonie im Living-Bereich, nach Macht, Status, Überlegenheit sowie Autonomie im Officebereich und nach Erlebnis, Neuem und Individualität im Retail-Bereich.“
Online ergänzt Print und umgekehrt
Fakt ist, dass große Vermarktungskampagnen am besten crossmedial funktionieren. Um alle Zielgruppen zu erreichen, ergänzt Print idealerweise Online und umgekehrt; ebenfalls bei Inseraten, die in Tageszeitungen mangels Platz nur als karge Wortanzeige erscheinen. Der Grund für den rasanten Aufstieg der Immobilienplattformen im Internet liegt derweil selbstverständlich auch in der preislichen Komponente. „Da die fetten Jahre vorbei sind und ihre Budgets schrumpfen, inserieren die Makler nun primär online. Andere Makler wiederum präsentieren ihr Konterfei regelmäßig bei kleinen Wortanzeigen in Tageszeitungen. Das generiert aufgrund der permanenten Darstellung Aufmerksamkeit und macht durchaus Sinn“, weiß Daniel Deutsch. Eine perfekte Anzeige – ob im World Wide Web oder in einem Printmedium – ist jedoch nur die halbe Miete. Denn sie fruchtet nicht, wenn nach der Kontaktaufnahme der Makler die Erwartungen des Wohnungssuchenden enttäuscht.