Neue Büroflächen erzweifelt gesucht!
Hohe Vorvermietungsquoten der Banken senken die Neuflächenproduktion am Wiener Büroimmobilienmarkt auf ein Rekordniveau.


Was heimische Immobilienexperten bereits seit Monaten vermuteten, ist jetzt in Zahlen und Fakten nachzulesen. Bereits traditionellerweise haben die Immobilienunternehmen Otto Immobilien und EHL im Herbst ihre Büromarktberichte Wien vorgelegt.
Fazit: 2014 ist es eng am Markt der Bundeshauptstadt. Einer hohen Nachfrage steht ein immer geringeres Angebot an Neuflächen gegenüber. Das Gute daran: Für Verkäufer und Vermieter ergeben sich dadurch aber gute Chancen. Denn die hohe Nachfrage der Anleger und die schmale Projektpipeline für Mietinteressenten eröffnen zahlreiche Chancen für viele Eigentümer – im Investmentmarkt bereits jetzt, im Vermietungsmarkt erst ab 2015, heißt es im aktuellen Büromarktbericht von Otto Immobilien.
Vermietungsleistung sinkt
Im Detail erwarten die Experten von Otto Immobilien für heuer zudem einen Rückgang bei der Vermietungsleistung: Mit 230.000 m² liegt diese rund 19 Prozent unter dem Zehnjahresschnitt und damit klar hinter den allgemeinen Erwartungen. Vor allem der öffentliche Sektor, in den vergangenen Jahren ein wichtiger Faktor, habe erwartete Anmietungen nicht umgesetzt. EHL sieht die Situation ähnlich. Da einige Vermietungen bereits kurz vor dem Abschluss stehen, ist von einem stärkeren zweiten Halbjahr auszugehen, sodass für das Gesamtjahr 2014 eine Vermietungsleistung von 250.000 m² erwartet wird; das entspricht einem leichten Rückgang um 20.000 m² gegenüber dem Vorjahreswert von 270.000 m², heißt es im Büromarktbericht der EHL Unternehmensgruppe.
Besonders beliebt zeigten sich in den vergangenen Monaten die Standorte Erdberg, St. Marx, Gasometer und Donaucity. Eine der größten Anmietungen in der Zeit hat der Wiener Krankenanstaltenverbund mit rund 5.000 m² getätigt, weiß man bei Otto.
Rekordtief bei Neuflächenproduktion
Ein Rekordtief vermeldete Otto Immobilien für das neue Angebot an Büroflächen, das heuer mit 100.000 m² an neugebauten beziehungsweise generalsanierten Flächen historisch niedrig ist. Durch das geringe Fertigstellungsvolumen in diesem und auch im nächsten Jahr werde das Angebot für Mietinteressenten mit Bedarf an großen Neubauflächen zusehends knapper. „Erst Ende 2016, Anfang 2017 ist die Projektpipeline wieder besser gefüllt, etwa weil Wien dann mit dem neuen Hauptbahnhof einen marktrelevanten neuen Bürostandort bekommt“, erklärte Martina Cerny, Autorin der mittlerweile 28. Ausgabe des Otto-Reports. Aber auch andere Projekte wie der Bank Austria Campus und das Erweiterungsprojekt Viertel Zwei Plus sind dann am Markt verfügbar.
Von einem Rekordtief der Neuflächenproduktion in diesem Jahr geht auch der EHL Büromarktbericht aus und beziffert diese mit 120.000 m² deutlich höher als Otto Immobilien. Die Folge: Die geringe Neuflächenproduktion führt auch zu einer Verringerung der Angebotsvielfalt. „Immer öfter finden übersiedlungswillige Unternehmen nicht mehr das für sie passende Angebot, sodass Übersiedlungen lieber zurückgestellt werden“, sagt Stefan Wernhart, Leiter der Büroabteilung bei EHL Immobilien. Besonders knapp ist das Angebot für Unternehmen, die größere, zusammenhängende Flächen im Erstbezug suchen. Einen Anstieg der Neuflächenproduktion und damit auch eine Belebung des Marktes wird es erst wieder mit den Fertigstellungen der Flächen am neuen Hauptbahnhof ab 2016 erfolgen. „In den Projekten am Hauptbahnhof werden endlich wieder große, zusammenhängende Flächen auf den Markt kommen. Objekte wie das QBC oder The Icon Vienna werden dem Wiener Büromarkt daher wichtige neue Impulse geben“, so Wernhart.
Die Gründe für die geringe Neuflächenproduktion ortet man bei Otto Immobilen übrigens bei den Banken. Eine vorgegebene Vorvermietungsquote der Geldhäuser von 30 Prozent dürfte wohl dem einen oder anderen Entwicklern vornehme Zurückhaltung auferlegen.
Büromieten steigen moderat
Leicht steigend, wenngleich immer noch auf moderatem Niveau, präsentieren sich für Otto Immobilien aktuell die Büromieten – ebenfalls als Reaktion auf die zunehmend knapperen Neubauflächen sowie auf gestiegene Baukosten. Derzeit liegen die Durchschnittsmieten bei 13,00 Euro pro m² (2013: Euro 12,50 pro m2), die Spitzenmieten stiegen seit Jahresbeginn um zwei Prozent auf Euro 25,00 pro m2. Ähnlich bei EHL: Sowohl Durchschnitts- als auch Spitzenmieten bleiben bei 13,5 Euro beziehungsweise 26 Euro pro m² und Monat nominal stabil. Die Effektivmieten steigen hingegen leicht an, da übersiedlungswilligen Unternehmen weniger Incentives gewährt werden.
Erfreuliche Entwicklungen sieht man für die Leerstandsquote, die – vor allem aufgrund des geringen Fertigstellungsvolumens – heuer auf 6,5 Prozent (EHL 6,6 %) gesunken sei. Vom Leerstand betroffen sind laut Büromarkt-Bericht vor allem ältere und nicht mehr marktkonforme Flächen.
Positive Signale kommen vom Investmentmarkt, dessen Transaktionsvolumen erstmals seit Beginn der Wirtschaftskrise heuer die magische Marke von zwei Milliarden Euro überschreiten wird. Vor allem deutsche und österreichische institutionelle Investoren, aber auch private Anleger zeigen ein gesteigertes Interesse. Besonders gefragt sind demnach moderne und langfristig vermietete Objekte, weiß man bei Otto Immobilien.
Die Renditen am Wiener Büro- und Gewerbemarkt sind heuer im Core-Bereich auf 4,75 Prozent gesunken. Im europäischen Vergleich weist Wien damit aber dennoch höhere Renditen auf als die Städte Frankfurt, Stockholm, München, Paris, Zürich und London, erklärte Martina Cerny von Otto Immobilien. Eigentlich erstaunlich, wenn man bedenkt, dass der Büromarkt der Bundeshauptstadt hauptsächlich von Firmenumzügen statt Unternehmenszug geprägt ist.