Mit der Marke „Ich“ abheben
Die Persönlichkeit spielt in der Immobilienbranche eine erfolgsentscheidende Rolle. Auf ihre Entwicklung wird daher in der Aus- und Weiterbildung großer Wert gelegt.
Obwohl Immobilien als „harte“ Vermögenswerte gelten, sind die Angelegenheiten rund um Immobilien selten von rein rationalen Faktoren bestimmt. Egal, ob Ver-/Ankauf, Verwaltung, Projektierung oder Bau. Letztlich sind es die Menschen, auf die es ankommt. Die Mehrheit entscheidet sich selten für eine Liegenschaft, ein Projekt, einen Geschäftspartner oder eine Dienstleistung, sondern – und das oft ganz unbewusst – für das Gefühl, das sie damit verbinden. Um sich als Immobilienexperte im Markt erfolgreich zu bewegen, braucht es neben Fachkenntnissen als Grundvoraussetzung daher ebenso sogenannte Soft Skills.

Credit: privat
„Immobilienprojekte sind komplexe technische, aber eben auch soziale Systeme, geprägt von unterschiedlichen Interessen, vielfältigen Emotionen und der Notwendigkeit zu Kompromissen. Wer hier erfolgreich agieren will, braucht mehr als Fachwissen“, unterstreicht Christian Huber, Studiengangsleiter Bachelor & Master Energie- & Nachhaltigkeitsmanagement sowie Facility Management & Immobilienwirtschaft an der FH Kufstein. Aus seiner Sicht gehe es um die Fähigkeit, empathisch zu kommunizieren, Verantwortung zu übernehmen und mit Unsicherheiten umzugehen.
Nicht isoliert zu betrachten
Genau diese Kompetenzen zu fördern, verstehe man an der FH Kufstein als Kernaufgabe moderner Hochschulbildung. Persönlichkeitsentwicklung wird in der Tiroler Fachhochschule jedoch nicht isoliert betrachtet. Sie ist ein durchgängiger Bestandteil vieler Module. In eigens konzipierten Lehrveranstaltungen zu Soft Skills, etwa zu Präsentationskompetenz, Teamarbeit oder Führungsverantwortung, lernen Studierende, wie sie ihre Ideen überzeugend vertreten, Feedback konstruktiv nutzen und Verantwortung in Gruppenprozessen übernehmen können. „Darüber hinaus fördern wir Persönlichkeitsentwicklung in nahezu jedem Modul durch gezielt gestaltete Lerneinheiten. In Gruppenarbeiten übernehmen Studierende unterschiedliche Rollen, lernen Perspektiven zu wechseln und erfahren, wie sie durch bewusste Kommunikation und Selbstreflexion ihr eigenes Handeln besser verstehen und weiterentwickeln können“, ergänzt Huber.
Auch an der FHWien der WKW wird die Persönlichkeitsentwicklung in den beiden angebotenen Immobilien-Studien gefördert. „Im Bachelorstudium für Makler- und Verwalter gibt es bereits im ersten Semester Lehrveranstaltungen zur Kommunikation und für Soziale Kompetenz. Im Masterstudium ist Gesprächsführung, Kommunikation, Konflikterkennung und -bewältigung zu Beginn des Studiums eine wichtige Fähigkeit, welche die Studierenden für ihre einschlägige Berufstätigkeit als Bauträger dringend benötigen“, berichtet Klemens Braunisch, Leiter des Real Estate Management Studienprogramms. Die zukünftigen Bachelors und Masters haben herausfordernde Aufgaben selbständig und/oder in Gruppen zu bewältigen. „Hier sind die Orientierung an den vorgegebenen Zielen, das Selbstmanagement im Zusammenhang mit der Berufstätigkeit und der Gruppe sowie die Findung geeigneter Lösungen wichtig,“ erklärt Braunisch.
Erfolg braucht Skills
Am Department für Bauen und Umwelt der Universität für Weiterbildung Krems hat das Thema Persönlichkeitsentwicklung ebenfalls einen festen Platz in der akademischen Ausbildung. Der Bereich gilt als zentrale Ergänzung zu den fachlichen und wirtschaftlichen Kompetenzen, die für Führungsaufgaben in der Immobilienwirtschaft erforderlich sind, berichtet Rainer Altmann, Studienleiter Real Estate – Zentrum für Immobilien und Facility Management. Im Rahmen dieser Ausrichtung wird derzeit das bestehende Micro-Credential-Programm (MCP) „Führung und soziale Kompetenz“ grundlegend überarbeitet und künftig unter dem Titel „Führung und soziale Kompetenz in der Immobilienwirtschaft“ angeboten. Das überarbeitete MCP umfasst sechs Präsenztagen einschließlich der Präsentation einer Hausarbeit und wird zu einem Teilnahmebeitrag von 2.500 Euro angeboten. Die Durchführung ist für Jänner und Mai 2026 vorgesehen.

Credit: Flo Hanatschek
Ein wichtiger Punkt in der Persönlichkeitsentwicklung ist Klarheit über die eigenen Werte, Stärken und Ziele zu gewinnen und diese nach außen konsistent zu vermitteln. Sich des eigenen „Ichs“ bewusst zu sein, ist für Marken- und Kommunikationsexperte Manfred Greisinger der größte Reichtum des Menschen. Über die Wichtigkeit, die – wie er es nennt – „Ich-Marke“ zu entwickeln, referierte er beim diesjährigen 50. Bundestag der Immobilientreuhänder am 18. und 19. September 2025 in Wien. „Wer Immobilien vermarktet, muss eine Ich-Marke sein. Nur so kann er sich von der Masse abheben und erfolgreich sein“, betont der Pionier für Personal Branding im deutschsprachigen Raum und untermauert dies am Beispiel des Maklerberufs: „Möchte ein Kunde bloß günstig eine Immobilie erwerben, wird ihm der Anbieter gleichgültig sein. Sucht er aber nach speziellen Kriterien und wünscht sich Qualität, dann kann nur ein Makler mit Profil punkten.“
Was es folglich braucht, sei eine Spezialisierung. „Marke heißt Zuspitzung. Heruntergebrochen auf den Immobilienvertrieb bedeutet dies, in einem Themengebiet überkompetent zu sein“, erklärt Greisinger und ergänzt: „Wir Menschen glauben oft, eine eierlegende Wollmilchsau sein und als solche es allen recht machen zu müssen. Das kann kein Mensch erfüllen. Außerdem macht es austauschbar. Eine Marke steht für sich.“ Doch wie entwickelt man die „Ich-Marke“? „Ich schaue zuerst auf das, was mir Freude macht und wofür ich stehe und in einem weiteren Schritt, welche Zielgruppe darauf basierend mir entspricht beziehungsweise mich anspricht,“ so der Experte. Bestenfalls ist die persönliche Lebenserfahrung ein Nutzen in der Betreuung der jeweiligen Zielgruppe. Greisinger weiter: „Grundsätzlich ist jeder Mensch eine Ich-Marke, weil er einzigartig ist. Die Ich-Marke nutzt das, was da ist und maximiert es. Sie verstellt sich nicht oder versucht etwas herzustellen.“ Diese Herangehensweise sei auch möglich, wenn man in ein Makler-Netzwerk eingebunden ist: „Ich kann mich hinter der Marke verstecken oder ich nutze sie als Fundament, auf dem ich tanze.“

Credit: privat
„The stage is yours“
Wie man die Persönlichkeit konkret im Immobilienverkauf erfolgreich einsetzt, vermittelt Immobilienmaklerin und -treuhänderin Silvi Hirm im Rahmen von WIFI-Kursen. Ihr nächstes „Verkaufstraining für Immobilienmakler“ findet im März 2026 statt. Ihre langjährige Erfahrung als Immobilienmaklerin in Österreich und auf Mallorca habe ihr bewiesen: „Ohne Persönlichkeit-Skills wirst du nicht sehr erfolgreich sein.“ Laut Hirm, die mittlerweile auch Kollegen coacht, gebe es „wahre Game Changer“, die man lernen und leicht einsetzen könne. Für den Makler laute der Auftrag, schon beim ersten Treffen mit dem Eigentümer einer Immobilie „The stage is yours“. Dabei sei es zu diesem Zeitpunkt völlig irrelevant, ob die Wohnung fünfzig oder 150 Quadratmeter habe.
Hirm erläutert: „Was zählt und was du verkaufst, ist deine Persönlichkeit. Ziel ist es im ersten Schritt, Vertrauen und Sympathie zu stiften und nicht nur von der eigenen Fachkompetenz – das läuft nebenbei –, sondern von der eigenen Person zu überzeugen.“ Ihr zufolge sei das nur möglich, wenn man das Persönlichkeitsprofil des Gegenübers lesen könne: „Jedes Wort, jeder Blick, jede Geste zählt. Und das Beste: Genau dieses Vertrauen dir gegenüber, deine persönlichen Skills, sind auch die Booster, die dich am Ende in der Kaufpreisverhandlung zum Abschluss bringen werden.“ Unterm Strich braucht die Immobilienbranche nicht nur fachlich kompetente, sondern auch in ihrer Persönlichkeit geschulte Dienstleister.



