Finanzierung

Mehr Risikogewichte stemmen

Hansjörg Preims
12.05.2025

Welche Hürden Bauträger bis zur Kreditgewährung in Zeiten von Basel IV nehmen müssen.

Basel IV (die OIZ berichtete bereits mehrfach) führte in Hinblick auf Immobilienfinanzierungen zu großen Veränderungen, indem es nicht sämtliche Immobilien über einen Kamm schert, sondern nach den Worten des Gesetzgebers „risikosensitiver“ wird – also für Konstellationen mit höherem Risiko eine höhere „Unterlegungspflicht“ einführt. „Wobei mit Unterlegungspflicht gemeint ist, dass die Bank zur Absicherung eines möglichen Kreditausfalls eine Art ,Versicherungsprämie’ einheben muss, die je nach Risikogehalt des Geschäfts unterschiedlich hoch ist und direkt die Kreditkonditionen beeinflusst“, erläutert Martin Clemens Weber, Leitung Stabstelle Immobilien der Erste Group Bank AG. Kurzum: Hohes Risikogewicht = höhere Konditionen und umgekehrt. Bisher war es so, dass sämtliche hypothekarisch besicherten Wohnimmobilienfinanzierungen ein Risikogewicht von 35 Prozent hatten, egal ob der Kreditnehmer eine Privatperson oder ein Bauträger war. Künftig wird hier, wie Weber im Folgenden darlegt, viel differenzierter vorgegangen:

  1. Es wird unterschieden, ob das Bauvorhaben bereits fertiggestellt oder sich noch in der Ankaufs-, Planungs- beziehungsweise Bauphase ist befindet. Falls noch keine vollständige Fertigstellung erreicht ist, wird das Risiko als sehr hoch eingeschätzt, und die Risikogewichte werden von den erwähnten 35 Prozent auf 150 angehoben angehoben.
  2. Ist die Immobilie selbst genutzt oder dienen die Erträge aus ihr (Mieten beziehungsweise Kaufpreise) der Kredittilgung? Im ersten Fall gibt es ein „Häuslbauer-Privileg“, indem hier in etwa – aber abhängig von Wert der Sicherheit und Rating des Kunden – dieselben Risikogewichte gelten wie bisher. Im zweiten Fall steigen die Risikogewichte, abhängig vom Eigenkapitaleinsatz, auf bis zu 105 Prozent. Aber das gilt nur, wenn die Immobilie bereits fertiggestellt ist.
  3. Verwendet die Bank den Standardansatz, gelten die oben genannten Regelungen. Verwendet sie den IRB-Ansatz, werden die Risikogewichte nur in deutlich geringerem Ausmaß angehoben. Nachdem nur wenige Banken den IRB-Ansatz verwenden, ist der Großteil der Kreditinstitute vom Standardansatz betroffen.

„Das heißt, dass die Aufschläge durch die drei genannten Faktoren in den meisten Fällen von Bauträgerfinanzierungen höher als bisher werden. Die aktuell sinkenden Zinssätze der EZB gleichen das aber im Moment aus, sodass die Außenzinssätze in Summe geringer werden“, fasst Weber zusammen. Für Wolfgang Heidl, Abteilungsleiter Projektfinanzierung Wohnbau, Raiffeisenlandesbank NÖ-Wien, hat sich die Prüfung eines Bauträgerprojekts auch nach Basel IV „nicht grundlegend verändert“, wie er sagt: „Unser Fokus liegt nach wie vor auf den Kosten- und Ertragskalkulationen des Bauträgers. In unsere Beurteilung fließen etwa die Lage des Projekts, die Grundstücks- und Baukosten, die Wohnungsgrößen, die Verwertungsmöglichkeiten sowie die Höhe des eingebrachten Eigenkapitals ein.“

Welche Alternativen gibt es?

Mann in schwarzem Anzug
Günther Neuwirth, UniCredit Bank Austria: „Für große, etablierte Bauträger könnten Anleihen eventuell eine Alternative sein.“
Credit: UniCredit

Wenn eine Bank nicht finanziert – gibt es Alternativen? Marlene Huber, Leitung Projektfinanzierung Wohnbau der Erste Group Bank AG: „Ein großer Anteil der österreichischen Bauträger finanziert sich nach wie vor über den klassischen Bankkredit. Gängige alternative Finanzierungsformen sind Investorenkapital, etwa in Form von Joint Ventures oder Beteiligungskapital, die Inanspruchnahme von Fördermitteln insbesondere zur Umsetzung von Sanierungsmaßnahmen bei bestehenden Bausubstanzen, Forward Funding (ein Investor kauft die Immobilie bereits in der Planungs-/Bauphase) und Mezzaninkapital.“ Und Crowdfunding? Das stelle eine Form der Mezzaninfinanzierung dar, die unter Berücksichtigung von ausführlichen Bestimmungen und detaillierten Vereinbarungen zwischen den Finanzierungspartnern eine mögliche Alternative sein könne, jedoch auch Grenzen aufweise – insbesondere hinsichtlich möglichem Finanzierungsvolumen und der Sicherheit für die Kapitalgeber, erklärt Huber.

„Für große, etablierte Bauträger könnten Anleihen eventuell eine Alternative sein“, sagt Günther Neuwirth, Prokurist Department Real Estate der UniCredit Bank Austria, „und, ja, es könnten auch Mezzaninkapitalgeber angesprochen werden, sollte sich keine finanzierende Bank finden. Erfahrungsgemäß sind aber derartige alternative Finanzierungsformen sehr teuer.“

Das Ende der KIM-Verordnung

Und wie geht es nach dem Auslaufen der KIM-Verordnung mit Ende Juni 2025 mit Wohnimmobilienfinanzierungen für Private weiter? Christiane Flehberger, Leiterin Privatkunden von Raiffeisen Wien. Meine Stadtbank: „Wir begrüßen das Ende der KIM-Verordnung. Der verantwortungsvolle Umgang mit Risiken und die sorgfältige Beratung sind seit jeher Teil der DNA von Raiffeisen. Diesen Weg werden wir weiter fortsetzen.“ Das Ausnahmekontingent sei hauptsächlich für Jungfamilien genutzt worden, die noch nicht genug Eigenmittel angespart hätte, um Wohneigentum zu ermöglichen. Aus der Praxis kann Flehberger jedenfalls berichten, „dass die Nachfrage nach privaten Immobilienfinanzierungen wieder steigt.“

Frau mit Brille in dunklem Blazer
Christiane Flehberger, „Raiffeisen Wien. Meine Stadtbank: „Wir begrüßen das Ende der KIM-Verordnung.“
Credit: Sabine Klimpt

Kurt Krystof, Erste Bank der oesterreichsichen Sparkasse AG, Leiter wohn2 Wien Zentrum/Süd: „Zum aktuellen Zeitpunkt zeichnet sich ab, dass die KIM-Verordnung zwar mit 30. Juni 2025 ausläuft, jedoch weitgehend in einer FMA-Leitlinie übernommen wird. Finale Formulierungen liegen uns derzeit noch nicht vor.“ Laut Leitlinie zu den Vergabestandards vom Finanzmarktstabilitätsgremium (FMSG) soll die Beleihungsquote nicht mehr als 90 Prozent, die Schuldendienstquote nicht mehr als 40 Prozent und die maximale Laufzeit nicht mehr als 35 Jahre betragen. Der Anteil der Kredite, die diese Kriterien nicht erfüllen, soll nicht mehr als 20 Prozent der Neukreditvergabe in einem Quartal ausmachen. Wird das auch so gehandhabt? „Sollte es zu einer Umsetzung in dieser Form kommen, engt sich der Berichtszeitraum von bisher halbjährlich auf quartalsweise ein. Genaue Details liegen uns allerdings noch nicht vor“, so Krystof.

Mann in dunkelblauem Anzug
Kurt Krystof, Erste Bank: „Die Nachfrage nach Wohnfinanzierungen ist in den ersten Monaten im Vergleich zum Vorjahr gestiegen.“
Credit: Erste

Die Zinsen sind gesunken, die Einkommen gestiegen. Floriert das Finanzierungsgeschäft also wieder? Krystof antwortet: „Das Zinsumfeld ist besonders im variablen- beziehungsweise kurzfristen Zinsbereich gesunken. Der weitaus überwiegende Anteil unserer Kunden entscheidet sich bei der Immobilienfinanzierung für eine mittel- bis langfristige Fixzinsvereinbarung, welche eine höhere Planbarkeit für Kunden bringt“ Und ja, die Nachfrage nach Wohnfinanzierungen sei in den ersten Monaten im Vergleich zum Vorjahr gestiegen.

 

 

 

 

 

 

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