Makeln mit Netz

10.10.2014

 
Immobilienfranchising rückt auch in Österreich immer mehr in den Branchenfokus. Mit welchen Vor- und Nachteilen potenzielle Franchisenehmer hierzulande rechnen müssen.

Wer sich dem Thema Franchising zärtlich nähern will, wird zuallererst mit Fragen konfrontiert: „Sie wollen sich selbstständig machen und suchen eine passende Geschäftsidee? Sie sind bereits Unternehmer und suchen Anschluss an ein kompetentes und erprobtes Netzwerk?“, heißt es auf den Infoseiten der europäischen Franchise-Verbände unisono. Die Antworten fallen wohl meistens mit einem deutlichen „Ja“ aus. Denn das amerikanische Geschäftsmodel „Franchising“ hat bereits in den vergangenen Jahrzehnten einen europaweiten Siegeszug angetreten. Da bildet selbst die Immobilienbranche keine Ausnahme. 
„Als wir 1999 mit Re/Max Österreich starteten, hätten wir nie gedacht, so erfolgreich zu werden“, erinnert sich Re/Max-Geschäftsführer Bernhard Reikersdorfer an die Anfänge der amerikanischen Franchisekette in der Alpenrepublik. „Heute sind wir nicht nur das weltweit erfolgreichste Maklernetzwerk, sondern mittlerweile auch hierzulande Marktführer“, rechnet Reikersdorfer vor. 110 Maklerbüros mit rund 500 aktiven Mitarbeitern vermitteln hierzulande Wohnungen, Häuser, Geschäfts- und Betriebsflächen unter dem Re/Max-Markenzeichen, dem bunten Heißluftballon. 
Dabei „bewegen“ sie mit 10.000 Transaktionen jährlich ein Volumen von rund einer Milliarde Euro. „Wir leben unser Netzwerk. Dabei ist wichtig, dass alle Partner auf Augenhöhe kommunizieren“, kennt Reikersdorfer offensichtlich das Geheimnis des Erfolgs. Und weiter: „Wer kein Teamplayer ist, ist bei uns fehl am Platz.“

Geben und nehmen
Aber wie wird man eigentlich Mitglied in Reikersdorfers Team? Richtig: mit der entsprechenden monetären Zuwendung. Rund 20.000 Euro kostet die Einstiegs- beziehungsweise Vertragsgebühr für das eigene Re/Max-Büro. „Dafür bieten wir die Übernahme und Umsetzung eines markenerprobten Geschäftskonzepts“, erklärt der Re/Max-Chef. Wer dann noch neun Prozent seines Jahresumsatzes an Franchisegebühr abführt, ist auch langfristig mit im Ballon. 
„Drei Prozent davon landen im Werbetopf“, so Reikersdorfer. Dass damit nicht nur die Marke, sondern auch das Markenimage gestärkt werden sollen, versteht sich von selbst. Die Sache funktioniert, denn Re/Max-Markenaktivitäten sind fast allen Österreichern bekannt.

Mitgefangen, mitgehangen
Aber wie steht es um das Image als Franchisepartner? Genau hier spießt sich Idee des Systems. Denn wer sich einmal für eine Marke entschieden hat, für den gilt: mitgefangen ist auch mitgehangen. Bei Re/Max versucht man diesen Gedanken positiv zu fassen. „Für unsere Partner gibt es verpflichtende Aus- und Weiterbildungen“, ergänzt Bernhard Reikersdorfer und verweist auf die umfangreichen Bildungsaktivitäten von Re/Max Österreich. So finden sich neben der notwendigen rechtlichen Aus- und Weiterbildung auch zahlreiche Schulungsprogramme wie Persönlichkeitsweiterbildung, Telefonseminare und vieles mehr im Programm.

Die beständige Aus- und Weiterbildung seiner Partner ist auch für Gottfried Hackbarth, Master-Franchise-Nehmer von Era Immobilien Austria, eine Herzensangelegenheit. Eine Einstiegsgebühr von 10.000 Euro ist die erste Eintrittskarte in das Era-Netzwerk.

„Dafür bekommt man alles, was man für den Einstieg und das neue Büro braucht“, verrät Hackbarth – Einstiegstraining und Rechtsseminar inklusive. Als weitere Kosten fallen eine sechsprozentige Umsatzbeteiligung sowie drei Umsatzprozente für den Era-Marketingfonds an. Derzeit buhlen 31 Era-Partner um die Gunst der Abgeber, Käufer und Mieter. „Wir wachsen sehr moderat und legen viel Wert auf die Qualität unserer Partner. Mit Quereinsteigern haben wir nicht viel Freude. Wir suchen grundsätzlich Immobilienprofis. Denn nur, weil jemand ein guter Unternehmer ist, muss er nicht unbedingt ein guter Makler sein“, weiß Hackbarth.

Weitere Vorteile des Netzwerks: „Wir kaufen alles im Paket ein und geben die Preisvorteile direkt an unsere Partner weiter. Und bei uns braucht man keine Werbeagentur, denn wir haben die Marketing- und Designabteilung direkt im Haus“, so der Era-Boss.

Regionale Umsatzbringer

Aber wie lange bindet man sich hierzulande als Makler an ein Netzwerk? Obwohl das eine oder andere Franchise­unternehmen mit unterschiedlichen Laufzeiten liebäugelt, dominiert hierzulande eine Vertragslaufzeit von fünf Jahren. Je nach Unternehmen wird die ursprüngliche Einstiegsgebühr danach erneut fällig. Ein weiteres Kriterium der Immobilien-Master-Franchiser: Wer in seiner Region nicht die entsprechenden Minimalumsätze tätigt, hat wenig Chancen auf Vertragsverlängerung.

Bei Engel & Völkers laufen die Fäden in Hamburg zusammen. Seit 1998 fungiert das Unternehmen, das sich auf die Vermittlung hochwertiger Wohn- und Gewerbeimmobilien spezialisiert hat, als Franchisegeber. Rund 540 Shops in 38 Ländern gehören zum Netzwerk der deutschen Branchenriesen. Was kostet einen Makler der Eintritt in diese elitäre Riege? „Die Lizenzgebühr beträgt einmalig 42.500 Euro netto. Sie ist in allen Ländern gleich, und es gibt keinerlei Sonderrechte. Diese Transparenz ist für das Funktionieren unseres Netzwerks unerlässlich. Der Vertrag läuft in der Regel zehn Jahre, mit einer Option auf eine fünfjährige Verlängerung“, erläutert Ramon Lahme, bei Engel & Völkers für Franchising in der D-A-CH-Region verantwortlich, via Telefon aus der Hansestadt. D-A-CH steht bekanntlich für Deutschland, Österreich und die Schweiz.

Die Gebühr beinhaltet die verpflichtende Ausbildung in der firmeneigenen Academy. Das wiederum hängt mit der Tatsache zusammen, dass Engel & Völkers bei seinen Franchisepartnern keine einschlägige Immobilien- beziehungsweise Maklerausbildung voraussetzt. Vielmehr werden Personen mit Erfahrung im Management, inklusive Personalführung, gesucht. Unerlässlich ist darüber hinaus, dass sich der Makler in spe in der jeweiligen Region gut auskennt und nach Möglichkeit Mitglied in diversen Vereinen ist. Lahme erklärt, weshalb: „Man kann sagen, dass wir Menschen mit Lokalkolorit suchen. So würde bei uns beispielsweise ein Wiener niemals eine Lizenz für die Ostseeküste erhalten.“

12,5 Prozent der Netto-Courtage für Hamburg
Rund 170.000 Euro, wobei dieser Betrag die Lizenzgebühr in der Höhe von 42.500 Euro einschließt, nimmt ein Franchisenehmer von Engel & Völkers durchschnittlich in die Hand, um loslegen zu können. Der Großteil davon entfällt auf den jeweiligen Shop, der der Corporate Identity entsprechen muss. Läuft das Geschäft erst einmal, wandern pro erfolgreicher Vermittlung 12,5 Prozent der Netto-Courtage nach Hamburg. So lautet der Deal. Der neue Franchisepartner wiederum soll von Anfang an vom Renommee der globalen Marke Engel & Völkers profitieren. Denn dank der Stärke der Brand soll er sowohl bei der Akquise von Premiumobjekten als auch bei der Rekrutierung von Mitarbeitern gegenüber der Konkurrenz klar im Vorteil sein. Überdies steigert man von der Unternehmenszentrale in der Hansestadt aus in Form zahlreicher PR- und Marketingaktivitäten täglich aufs Neue den Bekanntheitsgrad – und somit die Basis für den Geschäftserfolg der einzelnen Maklerbüros.

Was verträgt der Markt
Einen beachtlichen – wenn auch wohl nur brancheninternen – Bekanntheitsgrad hat sich auch das Büro von Dr. Max Huber in den vergangenen Jahren erarbeitet. Dass der bisher einzige österreichische Immobilien-Franchise-Gründer vor wenigen Wochen dennoch aufgeben musste, hat wohl mehrere Gründe, wirft aber die berechtigte Frage auf: Wie viele Immobilienfranchisingunternehmen verträgt der heimische Markt? „Unser größter Konkurrent sind nicht anderer Maklerbüros, sondern es ist nach wie vor der Privatverkauf“, ist Bernhard Reikersdorfer überzeugt. Etwaigen und baldigen Konkurrenten wünscht der Marktführer ein gutes Durchhaltevermögen. 

Autorin: Claudia Aigner