"Im ersten Schritt wird auf die Makler Bezug genommen"

Startups
13.09.2022

 
Ein Marktüberblick soll Transparenz über PropTechs in Österreich und im DACH-Raum schaffen, berichtet Sabina Berloffa, Senior Consultant bei enteco.
Eine Frau wird interviewt.
Sabina Berloffa (Bild Mitte), Senior Consultant der enteco, Agentur für #digitalrealestatemarketing, und Geschäftsführerin der BSC Strategy Consulting GmbH, im Interview.  

OIZ: Sie erstellen im Auftrag der Fachgruppe Wien einen Marktüberblick über PropTechs. Was ist der Status?

SABINA BERLOFFA: In den letzten Jahren, aber auch im Zuge der Digitalisierungsbestrebungen in den Immobilienunternehmen sowie -organisationen, strömten sogenannte „PropTechs“-Startups, die sich auf die Immobilienwirtschaft fokussieren, verstärkt auf den Markt. Nicht zuletzt im Zuge der Einführung des Bestellerprinzips in Deutschland 2015 gab es einen regelrechten Boom an Startups in diesem Bereich.

Die Absicht dieser Initiative ist es, in regelmäßigen Abständen ab Mitte September einen allgemeinen und regelmäßigen Marktüberblick über die PropTech-Unternehmensszene zu geben. Diese Updates werden über die WKO-Website, via Newsletter, Webinar und bei Bedarf auch in Form von physischen Meetups erfolgen. Im ersten Schritt wird entsprechend Bezug auf die Makler genommen, in weiterer Folge sind weitere Gruppen der Immobilientreuhänder angedacht.

OIZ: Welche Ziele verfolgt der besagte Marktüberblick?

BERLOFFA: Ziel des Marktüberblickes ist es, eine Transparenz darüber zu geben, welche PropTechs es in Österreich und im DACH-Raum gibt. Ziel ist auch eine Hilfestellung, in Form von objektiven Beschreibungsmerkmalen zu bieten, die eine Auswahl beziehungsweise Einschätzung eines entsprechenden Dienstleisters erleichtern. Dies ist besonders dann dienlich, wenn es um die Auswahl neuer Tools im Bereich des Prozessmanagements sowie der Verkaufsunterstützung geht. Aber auch komplett neuartige Marktansätze werden vorgestellt, die unter anderem die Neuerungen im Bestellerprinzip tangieren.

OIZ: Um Missverständnissen vorzubeugen: Wie verwenden Sie den Begriff „PropTech“?

BERLOFFA: Der Begriff „PropTech“ steht in dieser Kurzform für Property Technology. Darunter versteht man digitale Technologien und Dienstleistungen, die im Zuge der digitalen Transformation für und in der Immobilienbranche entstehen. Dieser technologische Trend begann bereits ab 2011.

Unmittelbar damit verbunden sind sogenannte „PropTechs“. Das sind jene Firmen (zumeist Startups), die technologiebasierte Lösungsansätze für Aufgaben- und Problemstellungen in der Immobilien- und Bauwirtschaft entwickeln. Es entstehen dadurch neue Produkte oder Dienstleistungen, die zum Beispiel Geschäftsprozesse und Abläufe optimieren und kosteneffizienter gestalten. Mitunter entstehen auch komplett neue Geschäftsmodelle. Das Portfolio des PropTech-Marktes umfasst dabei den gesamten Lebenszyklus – von der Beschaffung und Finanzierung über die bau- und planungstechnische Realisierung, dem Asset-Management von Immobilienprojekten bis hin zur Verwaltung, Vermittlung und Vermarktung. PropTechs agieren folglich auf einem Unternehmer- (B2B) oder einem Endverbraucher (B2C)-Markt.

OIZ: Wie viel Bewegung herrscht auf dem heimischen PropTech-Markt?

BERLOFFA: Am heimischen Markt tut sich sehr viel, wobei die Grenzen im DACH-Raum verschwinden. Fast kein ursprünglich heimisches Unternehmen konzentriert sich ausschließlich auf den österreichischen Markt. Dieser Markt wäre in Zeiten der Globalisierung einfach zu klein. Umgekehrt gibt es auch genug ausländische PropTechs, für die der heimische Markt ein Segment darstellt.

OIZ: Steht die österreichische Immobilienbranche PropTechs aufgeschlossen gegenüber?

BERLOFFA: Die österreichische Industrie sowie die hierzulande als „Mittelstand“ zu verstehenden Unternehmen stehen den PropTechs tendenziell aufgeschlossen gegenüber. Je kleiner ein Unternehmen ist, desto mehr werden PropTechs und der allgemeine Digitalisierungstrend als bedrohlich empfunden. Das ist auch in anderen Wirtschaftszweigen so. Andererseits nutzten bereits etliche kleinere Unternehmen die Digitalisierungstrends für sich und bieten etwa ihren Kunden entsprechende Services an.

OIZ: Bitte nennen Sie auf ein PropTech zurückgehende Services, die Makler unterstützen.

BERLOFFA: Wenn man über den Ursprung der sogenannten PropTech-Szene hinausgeht, so begannen die ersten Tendenzen bereits in den Neunzigern des vorigen Jahrhunderts, beispielsweise mit der Gründung von immobilien.net 1994 oder den Maklersoftware-Unternehmen wie Edi-Real, Justimmo etc. Parallel dazu war die folgende vertriebsorientierte Technologisierung ein wesentliches Service. Vertriebskanäle wie willhaben.at, derstandard.at, immobilienscout als Nachfolger von immobilien.net, nur um einige Bespiele zu nennen, trugen zur raschen Umsetzung ebenso bei.

Ein wesentlicher Sprung im Bereich der Digitalisierung und Technologisierung für Makler erfolgte jedoch erst in den letzten Jahren. Beginnend mit Virtual Reality, 3D- Visualisierungen, Virtual Staging, Videobesichtigungen über elektronische Besichtigungs- und Übergabeprotokolle, digitale Bewertungsmethoden dank hoher Datendichte bis zur weitestgehend digitalen Abwicklung von Vertriebsprozessen inklusive digitale Online-Unterzeichnung beim Notar, hielt eine Vielzahl an PropTech-Lösungen in das Maklergeschäft Einzug und dies im Sinne der Verbesserung der Kundenzufriedenheit.

OIZ: Bitte nennen Sie auch beispielhafte Service für Bauträger und Verwalter.

BERLOFFA: Auch in den Bereichen der Bauträger und Verwalter bieten die PropTechs zahlreiche Lösungen an. Beim Bauträger beginnt das bereits beim Einkauf der Liegenschaft dank einer Bauträgerdatenbank wie Exploreal oder den Preisvergleich- und Daten-Tools von beispielsweise immounited. Ebenso sind Anbieter für BIM-Lösungen (Building Information Modeling) im Segment der technischen PropTechs eine perfekte Hilfestellung, ebenso die Umsetzung am Bau mit einer Baudokumentation von Planradar oder kundenorientieres Service wie die „Sonderwunschgestalter“ wie beispielsweise Propster dies anbietet.

Im Bereich der Hausverwaltung bieten Dienstleister wie Idwell oder Puck einerseits ablauf- und prozessorientierte Unterstützung sowie andererseits ein Mehrservice für Bewohner von Mehrfamilienhäusern.

Hand, die ein Pad bedient
Am heimischen Markt für Proptechs und Startups herrscht rege Bewegung, wobei die Grenzen im DACH-Raum verschwinden.