Eine Frage der Qualität

Wohnbau
11.10.2022

 
Ein Kommentar von Hans Jörg Ulreich.

Mann mit Brille
Hans Jörg Ulreich ist Berufsgruppensprecher der österreichischen Bauträger.

Es häufen sich wieder einmal die Berichte darüber, dass in Österreich Wohnen immer weniger leistbar wird. Der Aufbau solcher Reportagen ist immer derselbe. Eine Tourismusmetropole wird ins Licht gerückt – Wien, Salzburg oder diverse kleinere Städte wie Schladming oder Kitzbühel. Kollegen aus der Branche werden dann gebeten, ihre teuersten Projekte vor laufender Kamera vorzustellen. Wozu Unternehmen in der Regel gerne bereit sind; natürlich werden mit entsprechender und durchaus verdienter Freude und Stolz die Luxusprojekte in bester Lage präsentiert. Die Medienvertreter sind ja auch bemüht, nach allen Extraschmankerl zu fragen und sie ins Bild zu bekommen, etwa bei der Ausstattung, dem Ausblick und dem möglichen Service, zum Beispiel einen Concierge, einer Paketstation oder dem Smart Home.

Es folgt ein Schnitt und wir hören die Geschichten von Jungfamilien oder Pensionisten, die sich Wohnraum in den Städten einfach nicht mehr leisten können. Untermauert wird das Ganze mit den Thesen der Konsumentenschützer. Und Zack, zack, ist die private Immobilienwirtschaft mit einem Bericht als „Buhmann“ an die Wand genagelt worden. Dass wir das so nicht mehr auf uns sitzen lassen, habe ich an dieser Stelle schon einmal versprochen. Und ich habe meiner Wut nicht nur in meinem Kommentar, sondern auch durch direkten Briefverkehr mit dem ORF Luft gemacht und darauf hingewiesen, dass es nicht nur eine Vertretung für Mieter, sondern auch eine Vertretung unserer Branche, nämlich die Fachgruppe der Immobilien- und Vermögenstreuhänder, gibt. Und diese im Sinne des Objektivitätsgebotes genauso wie die AK oder die Mietervereinigung auf Seite der Verbraucher rückgefragt werden müsste.

Da nur steter Tropfen den Stein höhlt, werden wir hier konsequent nachhaken müssen. Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, sollten eine PR-Anfrage direkt an die Fachgruppe im Bund weiterleiten, statt irreführende Interviews beantworten zu müssen oder Medienvertretern zur Gänze abzusagen. So können wir etwas tun, um solche Berichte auch von unserer Seite her zukünftig zu vermeiden.

Schwieriger wird es, wenn wie vor Kurzem die AK, Abteilung Wohnen, der Wiener Tageszeitung „Heute“ online ein Interview zum Thema „Befristete Mietverträge“ gibt, um ein paar Tage später eine Studie mit dem Namen „Luxusbauten – aber nur beim Preis“ in einem Pressegespräch quasi nachzuschießen. Dass befristete Mietverträge immer von Konsumentenschützern kritisiert werden, ist nichts Neues. Da wird schnell einmal unter den Tisch gekehrt, dass die Mehrheit der Mieter gerade in Wien regelmäßig auch unbefristete Wohnungen innerhalb von 3 bis 5 Jahren kündigen. Oder Mieter beim Einzugstermin schon wissen, wann der Vertrag ausläuft und sich zeitgerecht um eine neue Wohnung umschauen könnten. Oder dass wir Branchenvertreter schon seit Jahren für beide Seiten faire Lösungen zu Befristungsverlängerungen vorschlagen. Im Gegenteil, in diesem Interview darf der AK-Vertreter unwidersprochen behaupten, dass „Vermieter eigentlich schon wie Erpresser“ auftreten, wenn sie befristete Mietverträge zur Unterschrift vorlegen. Ja, bitte lesen Sie den vorigen Satz noch einmal. Das Wort „Erpresser“ ist da nicht „gefallen“, sondern sehr sachlich und klar ausgesprochen worden.

Klingel
Bei den Luxusprojekten sind die Medienvertreter bemüht, nach allen Extraschmankerl zu fragen und sie ins Bild zu bekommen, etwa nach einem Concierge-Service.

Die Studienpräsentation vor der Presse zu „Luxusbauten – aber nur im Preis“ fiel nicht besser aus. Es folgte eine Tatsachenverdrehung nach der anderen und, obwohl sogar die Studie belegt, dass die bauliche und ökologisch nachhaltige Qualität im freifinanzierten Wohnbau mehr als nur top ist, wurden „soziale Qualitätskriterien“ eingeführt, nämlich Größen und Ausstattungen und Vermarktung (?!) und hier fiel das Ergebnis vermeintlich negativ aus. Es ist so lächerlich, dass ich es auch anführen muss: wir werden dafür kritisiert, dass Wohnungen „zu klein“ gebaut werden und auf 50 Quadratmeter kein Homeoffice oder Gitterbett Platz finden, dass die Wohnungen nur „Standardmöblierungen“ zuließen oder wir mit der Lage, also mit dem Gut der öffentlichen Allgemeinheit, unsere Wohnungen werben.

Falls Ihnen jetzt der Mund offenbleibt, seien Sie beruhigt. Nicht einmal Medienvertreter blicken da offensichtlich noch durch. Doch die Rechnung der AK ging auf. Denn als Resultat mussten wir Schlagzeilen wie „Luxus – aber nicht in der Qualität“ oder „Private bauen Schuhschachtelwohnungen“ einstecken.

Mein Konter: wenn ein Angestellter einer öffentlichen Einrichtung jemanden wie mich, der befristete Mietverträge mit zufriedenen Mietern abschließt, „Erpresser“ nennen darf, und mir vorwirft, weil ich für 80 Prozent der Wiener Haushalte, die 1 bis 2 Personen umfassen, kundengerecht baue, schlechte „soziale (?)“ Qualität abzuliefern, untermauert durch eine Studie, die unsere Arbeitnehmer indirekt mitfinanziert haben, dann nehme ich mir auch etwas heraus. Ich sehe das als ein Verbrechen an, nämlich an einer Branche, die allein in Wien in den vergangenen Jahren rund 70.000 neue Wohnungen gebaut hat; an einer Branche, die zigtausende Menschen überwiegend in Vollzeitangestelltenverhältnissen beschäftigt, von den Subfirmen einmal ganz abgesehen.

Statt echten Lösungen für sozialen Wohnraum, statt echten Lösungen für Menschen, die sich Wohnen nicht mehr leisten können, selbst im Gemeindebau oder in gemeinnützigen Wohnraum, werden hier redliche österreichische Unternehmer Woche für Woche verunglimpft.

Das ist nicht einmal mehr politisch interessant. Das ist nur mehr letztklassig. Und ob es rechtlich zulässig ist, liebe Leserinnen und Leser, lasse ich prüfen.