Die Geschichte einer Entfremdung

Niederösterreich
05.02.2019

 
Großvolumigem Wohnbau wird mittlerweile in einigen Umlandgemeinden Wiens die Rote Karte gezeigt. Meist scheitert es schon an den Flächenwidmungen.
OIZ Fallback image
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Niederösterreich & Wien. Diese beiden Bundesländer führen – schon alleine geographisch bedingt – eine spezielle Art von Beziehung. Besonders, wenn es um die Verquickung ihrer Immobilienmärkte geht. Da wie dort ist die Nachfrage nach leistbarem Wohnraum ungebrochen. Wegen des Zuzugs aus der Bundeshauptstadt spannt sich die Situation im niederösterreichischen Speckgürtel mehr und mehr an. Während der letzten Jahre stiegen dort die Mieten und Häuserpreise überdurchschnittlich. Nicht zuletzt, weil vielerorts zu wenige Neubauten entstanden. Gleichzeitig warten mittlerweile bei diversen Bauträgern Projekte im großvolumigen Wohnbau auf Realisierung. Etliche davon haben aus heutiger Sicht kaum eine Chance auf Umsetzung, da die zuständigen Gemeinden keine Baubewilligung erteilen möchten. Zumeist scheitert es bereits an den notwendigen Flächenumwidmungen. So gilt im begehrten Perchtoldsdorf im Bezirk Mödling seit März 2018 eine Verordnung bezüglich der Beschränkung der Wohnanlagen im Ortskern. Die Begründung: „Um die Verträglichkeit von neuen Wohneinheiten mit den historisch gewachsenen Ensembles sicherstellen, ist die Errichtung von mehr als sechs Wohneinheiten pro Grundstück in der Widmungsart Bauland-Kerngebiet nur in klar gesteckten Grenzen möglich. Die Obergrenze ist bei zwanzig Wohneinheiten eingezogen.“

Johannes Wild, geschäftsführender Obmann der niederösterreichischen Immobilien- und Vermögenstreuhänder, erklärt dazu: „Tatsächlich steht man in vielen Gemeinden rund um Wien der Schaffung neuen Wohnraums skeptisch gegenüber. Denn für die Kommunen geht ein Bevölkerungswachstum in der Regel mit dem Ausbau der Infrastruktur einher – Kindergärten, Volksschulen, Abwassersysteme etc. Diese Ausgaben deckt der Finanzausgleich meist nicht ab.“

Wiener Bauordnung kontraproduktiv

Laut einer Studie, die Kreutzer, Fischer & Partner vor zwei Jahren zu dem Thema veröffentlichte, wird gegen großvolumigen Wohnbauprojekte im Subtext gelegentlich mit der Gefahr eines Preisverfalls bei bestehenden Immobilien argumentiert. Diese könnte sich bei den nächsten Wahlen ungünstig auf die derzeitigen Mehrheitsverhältnisse auswirken. Auch die Angst vor „Überfremdung“ spiele eine Rolle.

Aktuelle Entwicklungen verschärfen die Problematik. So gibt Wild zu bedenken: „Die novellierte Wiener Bauordnung ist kontraproduktiv. Sie wird aufgrund ihrer Reglementierungen das Bauen in der Bundeshauptstadt weiter erschweren. Das wirkt sich wiederum auf den niederösterreichischen Immobilienmarkt aus.“ Unabhängig davon werden seiner Einschätzung nach weniger attraktive Gemeinden des niederösterreichischen Speckgürtels – also solche mit einer suboptimalen Anbindung an Wien – großvolumigem Wohnbau gegenüber weiter aufgeschlossen sein. Und gerade in diesen Gegenden gäbe es noch Baulandreserven.