Das Nordburgenland als erweiterter Speckgürtel

16.12.2014

 
Die Region rund um den Neusiedler See wird auch für pendelfreudige Wiener zunehmend interessant. Immobilienentwickler reagieren mit spektakulären Prestigeprojekten.
In der Inselwelt Jois entstehen bis Ende 2015 elf ganzjährig bewohnbare Villen direkt am Neusiedler See.

Unter Sparern geht mehr denn je die Panik um. „Negativzinsen" lautet das Reizwort, das ihnen Sorgenfalten auf die Stirn treten lässt und die Zornesröte ins Gesicht treibt. Als erstes deutsches Großinstitut kündigte kürzlich die Commerzbank Negativzinsen auf Guthaben an.

Wer geschäftlich Geld anlegt, soll in Hinkunft zahlen. Es ist ein Tabubruch. Privatkunden und der Mittelstand sollen ungeschoren davonkommen. Die österreichischen Banken stellen derweil unisono in Abrede, eine ähnliche Maßnahme im Köcher zu haben. Aber woran in Zeiten der Krise noch glauben? Die Aussicht, für Guthaben Geld zu zahlen, statt welches zu erhalten, könnte den Immobilienmarkt tangieren.

Günter Buchinger, Fachgruppenobmann der Immobilien- und Vermögens­treuhänder im Burgenland, berichtet: „Die Angst vor Negativzinsen könnte die Nachfrage nach Kaufobjekten erneut ankurbeln. Diese Tendenz stelle ich in letzter Zeit fest. Bis dato ging das Marktgeschehen im Burgenland im Vergleich zum Vorjahr jedoch leicht zurück." Der Grund dafür lautet, dass jene Privatpersonen, die ihr Geld angesichts der lauen Wirtschaftslage in Immobilien anlegen wollten, das schon bewerkstelligt haben. Die verbleibenden liquiden Mittel könnten nun wegen möglicher Negativzinsen in Häuser, Wohnungen sowie Grundstücke fließen.

A4 wird dreispurig
Wobei Immobilien im Nordburgenland besonders nachgefragt sind. In der heimischen Branche macht längst der Begriff des „erweiterten Speckgürtels von Wien" die Runde. „Ja, dem ist so", bestätigt Buchinger. Und weiter: „Von Neusiedl aus ist man auf der A4 in dreißig bis vierzig Minuten in der Bundeshauptstadt. Das ist ein Katzensprung." Apropos A4: Die auch durch Lkws stark belastete Ostautobahn wird auf drei Spuren erweitert. Der Startschuss für die entsprechenden Bauarbeiten im Abschnitt von Fischamend bis Neusiedl erfolgt 2018. Der Ausbau sei laut der Asfinag unerlässlich, da die Region zwischen Wien und Bratislava boome; Bevölkerungswachstum inklusive.

Die dank der dreispurigen A4 verbesserte Erreichbarkeit wird den dortigen Immobilienmarkt zweifelsohne positiv beeinflussen. Wie erwähnt, ist jedoch Neusiedl schon jetzt ein begehrtes Pflaster. Aber auch Seegemeinden wie Podersdorf, Illmitz, Winden, Gols, Breitenbrunn und Weiden gelten als attraktive Lagen. Was die Objekte betrifft, so geht dabei die Nachfrage quer durch den Gemüsegarten. Vom Reihenhaus über die Eigentumswohnung bis hin zum Bauernanwesen. Sowohl Jüngere, die in den Ballungsraum pendeln, als auch Ältere, die ihren Ruhestand genießen wollen, schauen sich gemäß Buchinger im nördlichen Burgenland um. Das Angebot stammt primär von Siedlungsgenossenschaften, die im sonnenreichen Bundesland im Wohnbereich die Nase vorn haben. Der Preis für geförderte Wohnungen beträgt derzeit rund 2.000 Euro pro Quadratmeter. Private Bauträger spielen traditionell eine untergeordnete Rolle.

Inselwelt Jois
Die starke Nachfrage nach Immobilien am Meer der Wiener scheint so mach bereits ad acta gelegtes Projekt wiederzubeleben. In den Jahren 1999 bis 2002 hat die UBM Realitätenentwicklung AG in Jois in Zusammenarbeit mit einem weiteren Developer im Bereich des Jachthafens insgesamt 70 Eigentumshäuser in Niedrigenergiebauweise errichtet. Aufgrund der internationalen Anerkennung und des großen kommerziellen Erfolgs der Immobilien­entwicklung wird die „Inselwelt Jois" nun weiter ausgebaut. Bis Ende 2015 sollen nach den Plänen von Architekt Georg Reinberg weitere elf ganzjährig bewohnbare Villen errichtet werden. Bei der Entwicklung hat sich UBM viel Zeit gelassen. Allein für die dritte Baustufe laufen die Vorarbeiten bereits seit 2009. Da es sich um das letzte, in dieser Form bebaubare Grundstück direkt am Neusiedler See handelt, wurde entsprechend umsichtig geplant. Jedes der zwischen 35 Quadratmeter und 157 Quadratmeter großen Häuser wird über einen eigenen Zugang zum See verfügen. Zur Freude der Segelsportbegeisterten liegt die Siedlung im Schilfgürtel am Rande des Jachthafens. Von dort kann man auch bei Niedrigwasser mit allen gängigen Kielvarianten über einen Kanal problemlos den offenen See erreichen. Aber auch im unweit entfernten Oggau setzt man auf gediegenes Wohnen. Am Areal der ehemaligen Seekaserne im Nordosten Oggaus entwickelt die Seepark Oggau Projektentwicklung OG ein exklusives Liegenschaftsprojekt: auf einer Gesamtfläche von 63.800 m². Die 47 Parzellen mit einer Grundstücksgröße von 622 m² bis 880 m² sind voll aufgeschlossen und ermöglichen jeweils eine Wohnnutzfläche von bis zu 300 m². Da kein Bauzwang besteht, können die Grundstücke auch unverbaut genossen werden. Aber auch in Neusiedl am See wird es neue Seevillen geben – insgesamt sieben Stück. Die Kaufpreise beginnen bei 650.000 Euro aufwärts. Von einem ehemaligen Ziel-1-Gebiet scheint das Nordburgenland zumindest in Sachen Immobilienpreise bereits weit entfernt zu sein.