„Anna, den Kredit hamma – nicht“
Unsichere Zeiten für Wohnungskäufer und Häuslbauer – und damit für die heimische Immobilienbranche. Denn die seit 1. August 2022 geltende Kreditinstitute-Immobilienfinanzierungsmaßnahmen-Verordnung (KIM-V) sorgt in Kombination mit steigenden Zinsen und hoher Inflation für ein massives Minus bei der Neuvergabe von privaten Wohnbaukrediten (Die OIZ berichtete mehrfach.). Die Österreichische Nationalbank (ÖNB) konstatiert in einer Aussendung am 2. Mai 2023, dass die Nachfrage weiterhin rückläufig ist. Im Wortlaut: „Nach dem überaus starken Rückgang im dritten und vierten Quartal 2022 meldeten die Banken, dass die Nachfrage nach Wohnbaukrediten im ersten Quartal 2023 abermals gesunken ist, aber moderater als zuvor. Für das zweite Quartal 2023 gehen die befragten Banken von einer weitgehend unveränderten Nachfrage (auf niedrigem Niveau) aus. Mit dem Einbruch im zweiten Halbjahr 2022 ging eine lange Phase steigender Kreditnachfrage abrupt zu Ende.“ Als wesentliche Gründe dafür nennt die ÖNB die gestiegenen Zinsen und die unsichere Wirtschaftslage. Kredite seien teurer und weniger leistbar geworden, insbesondere im derzeit schwierigen Umfeld mit hoher Inflation und schwacher Konjunktur. Die KIM-V wird nicht expliziert angeführt.
Zu weiteren Erhebungen: Laut Daten von Justimmo wurde in Wien stets zu rund sechzig bis siebzig nach Miete gesucht; ergo nach Eigentum zu etwa dreißig bis vierzig Prozent. Seit dem Sommer 2022 geht diese Entwicklung stark auseinander. Im ersten Quartal des heurigen Jahres suchen bereits achtzig Prozent aller Anfragenden Mietobjekte, nur mehr zwanzig Prozent Eigentum. Besagte Tendenz belegen die Zahlen der tatsächlichen Transaktionen, die sich 2022 um 25 Prozent reduzierten, wobei dieses Minus überwiegend aus dem zweiten Halbjahr resultiert. Das lässt für heuer auf einen noch eklatanteren Rückgang schließen.
Deutsche Banken als Alternative?
Tomas Peeters ist Vorstandsvorsitzender der Hamburger Baufi24 Baufinanzierung AG, einer der führenden Vermittler Immobilienfinanzierungen deutschlandweit. Seiner Einschätzung nach war die KIM-V eigentlich für ein überhitztes Marktumfeld mit niedrigen Zinsen ausgelegt. Doch der im Sommer 2022 beginnende rasante Zinsanstieg sorgte bereits für die beabsichtigte Abkühlung des Marktes. Die Regulierung bedeute für österreichische Interessenten nun neben den gestiegenen Bauzinsen eine zusätzliche Einschränkung des Finanzierungspielraums.
„Vor diesem Hintergrund kommt es je nach individueller Situation daher durchaus vor, dass das Angebot eines deutschen Anbieters besser passt und Österreicher auf diese ausweichen. Aus unserer Sicht kann es sich für österreichische Kunden durchaus lohnen, bei einer grenznahen Geschäftsstelle von Baufi24, zum Beispiel in Kempten, Passau oder Rosenheim, anzufragen. Die Kollegen dort sind mit der Thematik bestens vertraut und wissen, welche deutschen Banken Baufinanzierungen in Österreich begleiten. Die direkten Nachfragen sind noch überschaubar. Dennoch: In jeder unserer Geschäftsstellen in der Nähe der österreichischen Grenze fragen regelmäßig Kunden an, die wir dann auch sehr gerne bei ihrer Finanzierung begleiten. Vereinzelt existieren inzwischen sogar Kooperationen mit österreichischen Immobilienmaklern über die Grenze hinweg“, berichtet Peeters.
Zwischenfinanzierungen erleichtert
Dass heimische Kreditwerber in Richtung deutscher Institute beziehungsweise der Oberbank-Filialen in Deutschland ausweichen, kann Franz Gasselsberger, Generaldirektor der Oberbank AG, nicht bestätigen. „Sollte dies vereinzelt beziehungsweise punktuell der Fall sein, so ist dies aus unserer Sicht absolut unnötig und gänzlich unverständlich. Denngrundsätzlich ‚gesunde‘, das heißt nachhaltig leistbare Finanzierungsanfragen,können ohnehin KIM-V-konform angeboten und abgewickelt werden oder können bei ‚Verfehlung‘ einzelner KIM-V-Parameter bei entsprechenden Einkommens- und/oder Vermögensüberhängen im Rahmen der jeweils durch die Verordnung zugelassene Ausnahmekontingente bereitgestellt werden“, begründet Gasselsberger.
Jedenfalls traten am 1. April 2023 Erleichterungen der KIM-V in Kraft. Seither dürfen Erlöse aus dem Verkauf einer bereits genutzten, privaten Wohnimmobilie wieder für die Zwischenfinanzierung einer neuen, selbstgenutzten Wohnimmobilie genutzt werden. Dabei werden Zwischenfinanzierungen bis zu einem Wert von achtzig Prozent der bestehenden Liegenschaft für die Dauer von zwei Jahren berücksichtigt. Die Hoffnung, dass – wie von der Immobilienbranche gefordert – weitere Erleichterungen folgen, lebt.