5 Fragen an die Finanzministerin

20.12.2012

Mit Wirkung vom 1. September 2012 sind weitere gravierende Änderungen des 1. Stabilitätsgesetzes, insbesondere im Umsatzsteuerrecht, in Kraft getreten. Aufgrund der Rechtsansicht des Finanzministeriums werden diese Bestimmungen sehr weit ausgelegt. Somit zieht etwa bereits ein Verkauf eines einzelnen Wohnungseigentumsobjekts schwerwiegende umsatzsteuerrechtliche Konsequenzen nach sich.

Robert Moll ist Berufsgruppensprecher der österreichischen Hausverwalter und Fachgruppenobmann der Tiroler Immobilien- und Vermögenstreuhänder.

Dies betrifft insbesondere unecht steuerbefreite Nutzer, bei denen die bisher bestehende Möglichkeit zur Option zum 20 Prozent Normalsteuersatz nicht mehr besteht. Damit entfällt aber sowohl für Vermieter als auch für Eigentümergemeinschaften die Möglichkeit zum (anteiligen) Vorsteuerabzug. Damit verbunden ergeben sich zahlreiche Probleme, die einer vordringlichen Lösung bedürften:
 

1: § 30 UStG sieht vor, dass bei einer gesetzlichen Änderung des Umsatzsteuersatzes ein Vertragsteil von dem anderen einen angemessenen Ausgleich für die Mehrbelastung verlangen kann. Diese zivilrechtliche Bestimmung betrifft aber nur bereits bestehende langfristige Verträge. Selbst bei zutreffendem Sachverhalt wird von führenden Wohnrechtsexperten aber bezweifelt, ob dieser Ausgleich auch für sehr hohe Vorsteuerbeträge, wie sie zum Beispiel anlässlich von Großreparaturen anfallen, (zumindest im Vollgeltungsbereich des MRG) verlangt werden darf. Ganz abgesehen davon enthält aber § 30 UStG keine Regelung für neue Rechtsbeziehungen, wie sie zum Beispiel anlässlich eines Kaufs eines Wohnungseigentumsobjekts zwischen Eigentümergemeinschaft und Wohnungseigentümer entstehen. Im Interesse der Rechtssicherheit wäre hier jedenfalls eine klare gesetzliche Regelung, entweder im Wohnrecht oder im UStG, nötig.

2: Beweislastverteilung: Eine Option zum Normalsteuersatz von 20 Prozent ist nur dann zulässig, sofern ein Unternehmer nahezu ausschließlich Umsätze erzielt, die einen Vorsteuerabzug nicht ausschließen („nahezu ausschließlich“ wird mit 95 Prozent festgelegt). Der Unternehmer (Vermieter/Verwalter einer Eigentümergemeinschaft) hat diese Voraussetzung nachzuweisen. Frau Ministerin, erinnern Sie sich daran, dass es in Österreich ein Steuergeheimnis gibt? Kein Wohnungseigentümer ist verpflichtet, diese Aufgliederung der Umsätze vorzulegen. Allerdings sind die Finanzämter gemäß § 92 BAO über Antrag eines Steuerpflichtigen verpflichtet, abgabenrechtlich bedeutsame Tatsachen mittels Bescheid festzustellen. Als korrekte Steuerzahler, die steuerbare Umsätze ihrer Wohnungseigentümer nicht erfahren können, wird dies wohl der einzige Weg sein, um unsere Steuerpflichten ordnungsgemäß zu erfüllen. Tausende von Anträgen auf Erlassung eines solchen Feststellungsbescheids werden die Folge sein. 

Mein Rat an die Finanzministerin:
Stocken Sie bereits jetzt diese Abteilungen auf das Zehnfache auf! PS: Unecht steuerbefreite Umsätze erwirtschaften übrigens nicht nur Banken, Versicherungen oder Ärzte, sondern z. B. auch Kleinunternehmer (häufig auch Jungunternehmer), aber auch Umsätze aus Vortragshonoraren oder Zinserträgen bei scheinbar normal Steuerpflichtigen sind betroffen.

3: Autoabstellplätze im Wohnungseigentum: Im Gegensatz zum freien Miteigentum unterliegen Autoabstellplätze im Wohnungseigentumsbereich nicht dem Normalsteuersatz, sondern sind unecht steuerbefreit. Jeder Verkauf einer Eigentumswohnung samt dem dazugehörenden Autoabstellplatz nach dem 31. August 2012 hat somit zur Folge, dass für Eigentümergemeinschaften bei jedem Eigentümer, der diesen Abstellplatz zu privaten Zwecken nutzt, die Optionsmöglichkeit zum Normalsteuersatz verwehrt ist; – mit den entsprechenden Folgen eines Entfalls des Vorsteuerabzugs für die Eigentümergemeinschaft. Davon betroffen sind somit nicht nur einige wenige unecht steuerbefreite Unternehmer, sondern alle Wohnungseigentümer, die ihre Wohnung samt Autoabstellplatz privat nutzen. Wäre es hier nicht vernünftiger, Frau Finanzministerin, der Eigentümergemeinschaft, die ihre Unternehmereigenschaft nur kraft des Gesetzes hat, diese überhaupt wieder zu entziehen, anstelle diese Unternehmerstellung wie einen Schweizer Käse zu durchlöchern?

4: Ein unecht steuerbefreiter Nutzer kauft und nutzt ab 1 .1. 2013 ein bereits seit Jahren bestehendes Wohnungseigentumsobjekt. Die monatlichen Vorauszahlungen werden diesem daher ab Jänner 2013 ohne Umsatzsteuer vorgeschrieben. Bis zum 31. Dezember 2012 hat die Eigentümergemeinschaft dem alten Wohnungseigentümer die monatlichen Vorauszahlungen inkl. 20 Prozent Umsatzsteuer in Rechnung gestellt, diese Beträge in der monatlichen Umsatzsteuervoranmeldung abgeführt und mit den entsprechenden Vorsteuern zur Gänze verrechnet. Gemäß § 34 Abs. 4 WEG hat der neue Wohnungseigentümer eine allfällige Nachzahlung 2012 zu entrichten. Da unecht steuerbefreit, ist diesem die Nachzahlung ohne Umsatzsteuer vorzuschreiben (?). Wie und in welchem Ausmaß hat die Eigentümergemeinschaft die Vorsteuern des Jahres 2012 zu berichtigen?
 

5: Da die Eigentümergemeinschaft kraft des Gesetzes Unternehmer ist, sie also bisher in der Regel zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt war, wurden die Gebäude zum Neubauwert exkl. Mehrwertsteuer versichert. Da diese aber nunmehr bei unecht steuerbefreiten Unternehmern, aber auch bei Abstellplätzen keinen Vorsteuerabzug mehr hat, wird der Verwalter verpflichtet sein, das Gebäude zumindest im Totalschadensfall teilweise mit Mehrwertsteuer zu versichern. Dies wird die Prämienzahlung für die Eigentümergemeinschaft erhöhen. Mangels eines schriftlich und einstimmig vereinbarten abweichenden Aufteilungsschlüssel werden aber alle Wohnungseigentümer diese erhöhten Versicherungsprämien zu bezahlen haben. 

Was tun, Frau Finanzministerin? 
Ihr an der österreichischen Steuergesetzgebung verzweifelnder Berufsgruppensprecher der Immobilienverwalter

Robert Moll 
E-Mail: immo@mollundpunt.at

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