Der Weg zurück in den Nutzungskreislauf
Wie in stillgelegte Wohnbauprojekte wieder Leben einzieht.
Bernhard Ebner, Ebner Real Estate Consulting e.U., machte sich nach 25 Jahren Tätigkeiten in der Immobilienbranche im In- und Ausland vor gut einem Jahr selbstständig. Warum gerade während der Krise? Er wollte sich genau mit dem Thema Krise beschäftigen und bot Banken, Bauträgern und Investoren Hilfe bei Projekten an, von denen man nicht wusste, wie es weitergeht. Ob man sie weiter finanzieren oder auf Eis legen solle. Primär geht es dabei um Projekte, bei denen der Bauträger weitermachen möchte, ihm aber das Geld ausgegangen ist – wegen Verzögerung aufgrund der Krise, weil die Zinsen und die Baukosten gestiegen sind und die Bank kein Geld mehr freigeben will. Er, Ebner, analysiere dann das Projekt auf seine Kosten und schaue sich sämtliche Bauverträge an. Was fehlt noch? Wie hoch ist der Fertigstellungsgrad? Wie viel Geld wird es brauchen? Wie lange wird es dauern? Wie viel Zeit die Verwertung in Anspruch? Und – gemeinsam mit einem Partner, der die Bewertung macht – welcher Verkaufspreis wird am Ende erzielbar sein? Aufgrund dieser Parameter entstehe ein Gesamtbild, aufgrund dessen er eine Handlungsempfehlung an die Bank abgebe. Diese entscheide darüber, ob sie weiter Geld zur Verfügung stelle oder nicht. „Das“, unterstreicht Ebner, „gilt es abzuwägen.“

Von den Projekten, die er für Banken analysiere, würden tatsächlich 90 Prozent weiter finanziert und -gebaut, sagt er „Weil die Bank sieht, dass sie ihr Geld zurückbekommt.“ Meistens sei sie ohnehin mit einer Hypothek im Grundbuch eingetragen. Aufgrund der Verkaufserlöse rechne es sich dann. Wird das Projekt fortgesetzt, verlange das Finanzierungsinstitut meistens von ihm eine Mittelverwendungskontrolle, sprich: Er prüft den Fortschritt auf der Baustelle sowie auch, ob die Rechnungen bezahlt würden etc. „Das ist der eine Weg – für die Banken der angenehmere. Man trachtet, dass das Projekt fertiggestellt wird. Die Bank bekommt ihr Geld zurück und für den Bauträger schaut hoffentlich auch etwas heraus“, sagt Ebner.
Lösung großer Spannungsverhältnisse
Naturgemäß der schwierigere Weg ist der, wenn der Bauträger insolvent ist. Dann wird es aufwändig: Man hat den Masseverwalter, Gläubiger – der größte ist meistens die Bank –, andere Gläubiger wie die ausführenden Firmen, Planer und Konsulenten. Noch komplexer wird es, wenn teilweise Eigentümer schon im Grundbuch stehen. „Da gibt es natürlich große Spannungsverhältnisse“, so Ebner, der erläutert: „Bei einem derartigen Fall nehmen wir die Gespräche mit den Insolvenzverwaltern, mit den Masseverwaltern und mit den Banken auf und versuchen, eine gemeinsame Lösung zu finden.“ Meistens gebe es eine Quotenregelung beziehungsweise Haircuts. Man spreche mit Investoren, die bereit sind, das Projekt zu übernehmen, stelle entsprechende Kontakte her und trachte, auch mit eigenen Gesellschaften, das Projekt herauszunehmen und eine neue Finanzierung aufzustellen – manchmal mit der bestehenden Bank. Oft ergeben sich Neufinanzierungen.

Credit: J.T.Graphy e.U.
Auch die nxt Unternehmensgruppe beschäftigt sich mit notleidenden Projekten. Sie offeriert Hilfestellung für Entwickler, die unter Druck sind, bis hin zur Übernahme von Projekten aus Insolvenzen heraus. „Am Anfang stehen wir eher noch Schulter an Schulter mit Entwicklern, die das selbst nicht mehr regeln können. Wir bieten Support und Restrukturierungsberatung oder Kooperation an“, so Andreas Köttl, CEO der re-nxt development GmbH und Präsident der VÖPE. Bis dorthin, dass man mit Banken kooperiere, um Projekte wieder geradezurichten sowie dass man sie mit Investoren aus Insolvenzmassen auch in Abstimmung und kooperativ mit Banken herauskaufe. „Unser zentraler USP und unsere Botschaft an die Projektbeteiligten – seien es die bisherigen Projektanten, Banken oder aber interessierte Investoren – ist, dass wir das Handwerkszeug dafür haben, Projekte erfolgreich zum Punkt zu bringen, auch wenn sie mit Herausforderungen belastet sind“, erklärt Köttl. Gerade jetzt sei wieder die Zeit, in der es besonders um Lösungsorientierung, handwerkliche Fähigkeiten, einen guten Grundriss, ein optimiertes Projekt, eine solide Finanzierung und stabile Partnerschaften gehe. In der es weiters darum gehe, mit dem Generalunternehmer, dem Bauunternehmer oder dem Einzelgewerk haltbare Lösungen zu finden, wenn Herausforderungen von außen kommen. „Diese Skills zählen wieder und das ist wichtig zu betonen. Denn wenn wir sagen, mit einem bestimmten finanziellen Problem oder Nutzerthema gehen wir so oder so um, stärkt das die Rolle des Projektentwicklers, der ja immer ein Lösungsbringer war.“ Man brauche keinen Developer, wenn alles easy gehe. Dann mache die Baufirma es sich mit dem Verkäufer aus. „Aber die Rolle dazwischen ist wichtig und die spielen wir“, unterstreicht Köttl.
Schulterschluss mit der Bank
Grundsätzlich beginne man damit, mit dem Projektanten, also dem bisherigen Schuldner, zu sprechen. Schon deshalb, weil er über die meiste Information verfüge, so Köttl. Und je nachdem, wie fortgeschritten das Projekt oder die Notsituation sei, komme man über kurz oder lang zum Finanzierungsinstitut, bei dem man dann gemeinsam mit dem bisherigen Schuldner sitze. Köttl: „Wenn bisher das Verhältnis zur Bank gut und die Transparenz offen war, ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass man eine Lösung zu dritt findet.“ Eine Lösung, die dazu führen könne, dass der bisherige Projektant ausscheide beziehungsweise verkaufe und man im Schulterschluss mit der Bank weitermache.
„Wir müssen es jedenfalls genau auf den Kunden abstimmen“, betont Köttl. „Im Moment haben wir ein Projekt, das wir aus wichtigen Kundenbedürfnissen leicht umplanen müssen, um ein optimales Ergebnis zu erzielen. Nämlich das Projekt Landstraßer Hauptstraße 102. Ein schönes Haus, bei dem wir genau die Lösung des Schulterschlusses mit der Bank propagieren, um die Immobilie noch um das Alzerl besser zu machen, damit sie einen optimalen Verkaufswert erzielt. Das ist sozusagen unser Kernthema. Was wir auf jeden Fall immer schaffen wollen, ist, das Projekt wieder in den Nutzungskreislauf hineinzubringen“, berichtet Köttl. Das sei zentral.

Credit: DGS Immobilien
Befundung entscheidend
Lukas Göbl ist Architekt, Bauträger und Immobilientreuhänder – goebl architecture, DGS Immobilien Services. Gemeinsam mit Bernhard Schatz, einem der führenden österreichischen Insolvenzanwälte mit zweitem Spezialgebiet Gesellschaftsrecht, mit dem Immobilienökonomen Benedikt Attems, der sich vor allem mit Zinshäusern gut auskennt, und Hizir Dshabarov, dem Mann mit den Goldenen Händen (Göbl: „Der beste Handwerker, den man sich vorstellen kann.“) und mittlerweile auch Führungskraft, übernimmt er notleidende Projekte. Es gehe darum, es im ursprünglichen Sinn umzusetzen, oder Aspekte, die für ihn als erfahrenen Architekten schlecht geplant sind, zu optimieren. Häufig sei die Finanzierung wegen der Insolvenz des Projektanten oder des Bauträgers nicht mehr gesichert. Hier gebe es oft das juristische Thema, dass der Gläubiger, die Bank, überhaupt auf das Projekt zugreifen könne. „Denn meistens ist es so, dass das Projekt zwar in Schieflage ist. Bei der Sanierung wird aber überlegt, wie man den Bauträger so weit bekommt, dass er es zulässt, Treuhänder zur Seite gestellt zu bekommen, oder jemanden, der ihm im Rahmen einer begleitenden Kontrolle mit frischem Geld von der Bank auf die Sprünge hilft“, erklärt Göbl. Ein solcher Bauträger sei in der Regel nicht sehr kooperativ. Wer wolle schon, dass jemand in seine Arbeit „hineinpfusche“, auch wenn man diese nur retten wolle. Deswegen, so Göbl, sei es oft notwendig, einen Exekutionstitel oder die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Projektanten zu erwirken, um Zugriff auf die (Distressed) Assets zu bekommen.
„Im Falle der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gibt es die Möglichkeit, eine Auffanggesellschaft, eine neue Bauträger GmbH mit einem Bauträger, der die Befugnisse zur Verfügung stellt – in besagtem Fall bin ich das –, und einem Eigentümer, der auch Geschäftsführer sein kann – ebenfalls ich –, zu gründen“, erklärt Göbl. „Diese Gesellschaft erwirbt dann das Projekt – beispielsweise durch Schuldübernahme – aus der Insolvenz und stellt es fertig. Vorher muss man genau prüfen, wie es um das Projekt bestellt ist; ökonomisch, rechtlich, technisch, ob es einen Baubescheid gibt oder ob dieser schon ausgelaufen ist und ob das gemäß Konsens hergestellt worden ist. Diese Befundung ist entscheidend.“ In dem angesprochenen Fall stand die Baustelle teils im Rohbau zwei Jahre still „Da muss man nicht nur weiterbauen, sondern teilweise sanieren und rückbauen“, so Göbl abschließend.



