Wohnimmobilien: Verkäufer in Warteposition

Covid-19
08.06.2020

 
Die Covid-19-Krise hat drastische Auswirkungen auf Maklerbüros, berichtet der Immobilienring nach einer umfangreichen Mitgliederbefragung. Die Umsatzverluste der letzten Wochen sind kaum wieder aufzuholen.
Wohnimmobilien bleiben weiterhin interessant. Die Preisentwicklung bleibt abzuwarten.
Wohnimmobilien bleiben weiterhin interessant. Die Preisentwicklung bleibt abzuwarten.

„Angebot und Nachfrage von Wohn- und Gewerbeimmobilien sind in der Zeit des Shutdowns eingebrochen. Der Ausfall der Aufträge ist enorm und kann nicht aufgeholt werden“, fasst Georg Spiegelfeld, Präsident des Immobilienring Österreich, die Situation der Branche zusammen. Die Preisentwicklung für die nächsten 12 Monate sehen die IR Maklerexperten stabil, abgesehen von Gewerbeimmobilien und Geschäftslokalen. Winner sind die Grundstücke, die zu den Anlage-Klassikern zählen, AirBnB ist angezählt und Mietwohnungen werden ein Revival erleben. Die Digitalisierung erfuhr einen Megaschub, die Immobilien-Werbung wurde umgekrempelt. „Der Shutdown hat uns gelehrt, dass sich die Immobilienbranche intensiv mit Veränderungen befassen muss und wie bedeutend Marketing und Verkauf ist.“ unterstreicht Andreas G. Gressenbauer, Vizepräsident des Immobilienring Österreich.

Die strengen Aufnahmekriterien für den Immobilienring Österreich machen Sinn, denn die Auswirkungen der aktuellen Krise werden für die IR Mitgliedbetriebe zu bewältigen sein. „Unsere Mitglieder sind einerseits Immobilienunternehmen die bereits seit langem erfolgreich auf dem Markt agieren, aber auch viele sehr tüchtige, junge Gründer auf die wir alle sehr stolz sind“, zeigt sich Spiegelfeld beeindruckt.

Zwar ist bei etwa der Hälfte der Unternehmen ein Teil der Mitarbeiter in Kurzarbeit, aber nur fünf Prozent planen staatliche Hilfspakete in Anspruch zu nehmen, ist eines der Ergebnisse aus der Auswertung, der am 16. Mai 2020 abgeschlossenen Befragung „Maklereinschätzung Auswirkungen COVID 19“, unter den rund 400 IR Immobilienexperten. „Auch wenn die aktuelle Situation für die Betriebe extrem schwer ist, so freut mich das Ergebnis der Befragung persönlich sehr. Corona darf keine Flucht in ein entschuldigtes, wirtschaftliches Scheitern sein, welches ohnehin irgendwann eingetreten wäre“, meint Gressenbauer. Der Shutdown fand genau zur „High Season“ für Wohnimmobilien satt. Demnach glauben auch nur 11 Prozent der befragten Makler den Umsatzeinbruch bis Ende 2020 aufholen zu können – auch, wenn sich seit Öffnung ein Besichtigungsboom abzeichnet.

Verkäufer warten ab

Der Schock des Shutdowns war groß, Anfragen und Angebote sind eingebrochen. Deutlich rückläufig waren die Anfragen bei Wohn-, Gewerbeimmobilien, am meisten davon betroffen Geschäftslokale, am wenigsten Grundstücke. Gleichzeitig sank auch das Angebot von Eigentumswohnungen, Einfamilienhäusern und Grundstücken stark. Bei Mietwohnungen war nur ein leichter Rückgang zu verzeichnen, bei Geschäftslokalen blieben ausreichend Objekte im Angebot. „Verkäufer von Wohn- und Gewerbeimmobilien, aber auch von Grundstücken verhalten sich abwartend, ob nicht doch noch ein stärkerer Preisauftrieb einsetzt. Viele sind von der Preisrally der vergangenen Jahre verwöhnt“, meint Gressenbauer.

Warnung vor Euphorie

Bei der Preisentwicklung ist am Wohnungsmarkt die Corona-Panik überschaubar - mit Ausnahme der Gewerbeimmobilien und Geschäftslokale. Bei diesen sind aktuell keine Preissteigerungen abzusehen. Das weitere Ergebnis der Auswertung zeigt stabile bis leicht nachgiebige Preise bei Wohnimmobilien. Vorhersagen sind aufgrund von Rezession, Kurzarbeit und steigender Arbeitslosigkeit schwierig. Selbst Vermögende haben Verluste an den Finanzmärkten zu verzeichnen. Gressenbauer warnt daher vor zu viel Euphorie: „Das will nichts heißen. Konjunkturflauten zeichnen sich, anders als bei Kapitalmärkten, meist erst später auf dem Immobilienmarkt ab. Möglicherweise kommt der größere Einbruch erst.“ In den österreichischen Städten ist in den nächsten zwei Jahren aufgrund von Baufertigstellungen mit einem größeren Wohnangebot zu rechnen. Auch der AirBnB-Markt ist für unbestimmte Zeit nicht mehr vorhanden. „Die meisten AirBnB - Wohnungen werden wieder dem Mietmarkt zufließen. Auch Mietwohnungen werden ein Revival erleben. In unsicheren Zeiten, wird Miete bevorzugt, bis sich diese wieder bessern“, prognostiziert Spiegelfeld. „Bei den Preisen für Grundstücke ist noch immer etwas Luft nach oben, denn diese sind mittlerweile ein Anlage–Klassiker“, so Spiegelfeld weiter.

Covid krempelt die Immobilien-Werbung um

Innerhalb von nur zwei Monaten hat der Shutdown den Alltag auf den Kopf gestellt. Die Anforderungen an die Kommunikation zu Immobiliensuchenden befand sich bereits in den letzten Jahren in einem Transformationsprozess, der nun in dieser kurzen Zeit einen Mega-Digitalisierungsschub erfuhr. „In Zeiten der Kontaktbeschränkungen in der realen Welt wurden die digitalen Plattformen noch wichtiger“, so Spiegelfeld. „Der Shutdown hat uns gelehrt, dass sich die Immobilienbranche intensiv mit Veränderungen befassen muss und wie bedeutend Marketing und Verkauf ist“, ergänzt Gressenbauer. Mehr als die Hälfte der IR Kanzleien haben vor allem Social-Media-Kanäle wie Facebook und Instagram gepusht, aber auch auf Plattformen wurde mehr inseriert. Die großen Verlierer sind mit einem Rückgang von rund 60 Prozent die Printmedien – obwohl die Nutzer- und Leserzahlen so groß waren, wie lange nicht. Um mit den Kunden in Kontakt zu bleiben wurden von etwa einem Drittel der Kanzleien die klassischen Vertriebs- und Marketingformen wie Telefon, virtuelle Besichtigungen, Zoom, Plakate vor Ort und Direktakquise forciert eingesetzt.

Vertrauen, Disziplin und Vernunft sowie gute Beratung

Die Erkenntnisse aus den Krisenmonaten werden viele Kanzleien bewegen, verstärkt in die ohnehin schon lange geplante Digitalisierung, zu investieren und umzusetzen. Die Kosten dafür werden enorm sein und innerhalb der nächsten zwei Jahren wird es eine Marktbereinigung geben. Unternehmen die das erkannt haben und gleichzeitig die Kunden ins Zentrum ihres Handels stellen, werden schneller aus der Krise kommen. Spiegelfeld dazu: „Nur die Digitalisierung allein sichert nicht die Kundenbeziehung. Vertrauen, Disziplin und Vernunft, sowie eine wirklich gute Beratung sind die Basis.“