Rooftops in Wien: Oben ist das neue Unten

Rooftops
09.04.2020

 
Abkühlung für hitzegeplagte Städter. Das ist einer der Gründe, warum öffentlich zugängliche Rooftops in Wien boomen.
Mehr als ­ Alibi-Grün: Der rund tausend Quadratmeter große Dachgarten des KaDeWe Wien samt seines Baumbestands.

Developer scheinen sich mittlerweile über die Tatsache im Klaren zu sein, welchen Schatz sie in Form von frei zugänglichen Rooftops ohne Konsumzwang in Händen halten. Und sie zeigen sich daran interessiert, diesen Schatz zu heben. Die anschwellende Diskussion über den Klimawandel mit der Notwendigkeit, urbane Räume grüner zu gestalten, wird diesen Trend weiter verstärken. Gerade gut beschattete Dachflächen werden angesichts der zunehmenden Hitzebelastung in Großstädten wie Wien immer wichtiger.

Das beherzigt die Signa Gruppe bei der Entwicklung des KaDeWe in der Mariahilfer Straße. Eine moderne Version eines Traditions-Warenhauses mit einem Mix aus Shopping, Gastronomie sowie Hotel soll entstehen. Baubeginn ist 2021, die Fertigstellung soll im Herbst 2023 erfolgen. Ein Feature zeichnet das Projekt besonders aus: die Dachterrasse, auf der Besucher eine anspruchsvolle Kulinarik und vor allen Dingen einen öffentlich zugänglichen Park mit Blick über Wien genießen können. Diese rund tausend Quadratmeter große Fläche ist als kon­sumfreie Zone geplant. Sie wird auch außerhalb der Geschäftszeiten zugänglich sein und soll eine Baumlandschaft beherbergen. Im Sommer soll in dem Grün ein angenehmes Kleinklima herrschen. In dieser luftigen Höhe ist mit fünf bis sieben Grad Abkühlung zu rechnen. 

Auch das MQ tut es

Sind innovative Dachflächennutzungen wie jene des KaDeWe Wien hierzulande generell im Kommen? Jakob Dunkl, Inhaber der im ersten Bezirk ansässigen querkraft architekten, bejaht und begründet (siehe Interview): „Die Wiener Planungspolitik ist eine treibende Kraft hinter dieser Entwicklung. Man fordert als Gegenleistung für die Neuerrichtung von Gebäuden, die teilweise mit Flächenzuwachs oder sonstigen Zugeständnissen in der Widmung verbunden ist, nun ein, dass die Bewohner davon auch etwas haben.“ Dunkl und seine Kollegen zeichnen in Form des Ikea am Wiener Westbahnhof architektonisch für ein entsprechendes Projekt verantwortlich. In die oberen beiden Stockwerke zieht die Accor-Hotelmarke Joe & Joe. Das Gebäude soll Besucher dank seiner öffentlich zugänglichen Dachterrasse zum Bleiben animieren. Etwa 160 Bäume auf dem Dach und an den Fassadenseiten sollen einen positiven Beitrag zum Mi­kroklima leisten. Ins Bild passt, dass die Immobilie ganz auf Fußgänger, U-Bahn-, Straßenbahn- sowie Radfahrer ausgerichtet ist. Für Autos gibt es keinen Platz. Die Fertigstellung soll 2021 erfolgen.

Nicht nur Handelsimmobilien öffnen sich nach oben hin. Auch das MuseumsQuartier hebt den Schatz, der sich ihm in luftiger Höhe bietet. Schließlich wird in Kürze, konkret am 21. April 2020, die öffentlich zugängliche „MQ Libelle“ eröffnet. Man darf gespannt sein, mit welchen ähnlichen Projekten der heimische Immobilienmarkt in absehbarer Zeit aufwartet. Und damit sind nicht Luxus-Wohntürme, -Hotels oder -Restaurants, die ihre Bewohner beziehungsweise Gäste mit exklusiv zugänglichen Rooftops beglücken, gemeint. Diese stellen kein Novum dar. Die Schatzsuche hat begonnen.