Eine Frage der Versicherung

10.10.2016

 
Worauf Hausverwalter bei der Schadens­abwicklung achten sollten.

Im Schadensfall erweitert sich die Funktion des Hausverwalters um eine zusätzliche Dimension. Auf der einen Seite steht er dem tatsächlich Geschädigten vor Ort als Kommunikator, Organisator und Betreuer zur Verfügung, er nimmt den Schaden auf, eruiert die Ursache und beauftragt den Professionisten, der den Schaden behebt. Auf der anderen Seite ist der Hausverwalter als Vertreter des Hauseigentümers oder der Wohnungseigentümergemeinschaft als Versicherungsnehmer Ansprechpartner der Versicherungsgesellschaft, hat die vereinbarten Verständigungs- und Informationspflichten zu erfüllen und die zur Beurteilung der schadenskausalen Vergütung erforderlichen Unterlagen für den Versicherer aufzubereiten. 

„Wobei nicht jeder Schaden von der Versicherung immer zur Gänze übernommen wird“, weiß Karl Wiesflecker, Hausverwalter und stellvertretender Obmann der Immobilien- und Vermögens­treuhänder der Fachgruppe Wien. Unterschiedliche Deckungsarten würden auch einen differenzierten Versicherungsschutz bieten. Diese Informationen müsse der Hausverwalter dem Versicherer liefern, damit dieser anhand der Versicherungsbedingungen nachvollziehen könne, was tatsächlich zu zahlen sei. „Jedenfalls“, so Wiesflecker, „sollte der Versicherer noch bevor der Auftrag an den Professionisten erteilt wird, entscheiden können, ob er den Schaden in vollem Umfang bezahlt oder nicht.“ Die Frage des Verschuldens werde in den meisten Sparten der Gebäudeversicherung in der ersten Phase nicht in die Schadensübernahme einbezogen. Die Differenzen entstünden meistens durch die Abgeltung eines Zeitwertabzugs. 

Weit mehr als 50 Prozent sind Leitungs­wasserschäden
Die Gebäudeversicherung teilt sich bekanntlich in die Sparten Haftpflicht-, Leitungswasser-, Feuer-, Glasbruch- und Sturmversicherung auf. Wobei es in der Praxis laut Wiesflecker so gehandhabt wird, „dass der Umfang und die Höhe der Versicherungssumme objektspezifisch festgelegt wird“. Auch flössen in einen Versicherungsabschluss die rechtlichen Rahmenbedingungen (Zustimmungserfordernisse durch die Mieter) ein. Bei der Sparte Leitungswasserversicherung – „weitaus mehr als 50 Prozent der Schadensfälle betreffen diesen Bereich“ – werde besonders darauf geachtet, „das mögliche Risiko eines Versicherungsfalles so zu beurteilen, dass möglichst viele Eventualitäten hinsichtlich Schadensursachen berücksichtigt werden“. Feuer-, Haftpflicht- und die Leitungswasserversicherung seien ohnehin im gesetzlichen Grundpaket vorgesehen.

„Typisch für ein Wohngebäude mit mehreren Mietern oder einer Wohnungseigentümergemeinschaft ist eine sogenannte Gebäude-Bündelversicherung aus den unterschiedlichen Sparten“, sagt Norbert Griesmayr, Generaldirektor der VAV Versicherungs-AG. Auch die Einbruchsdiebstahlversicherung könne in diesem Bündel enthalten sein. Darüber hinaus rate er, bei der Versicherungsdeckung insbesondere bei größeren Wohngebäuden im städtischen Bereich auch an das Thema Graffiti zu denken.

Die VAV sei „eine der ganz wenigen Versicherungen in Österreich, die auch eine Graffiti-Deckung anbieten, um entsprechende Beschädigungen an der Außenmauer des Wohngebäudes zu sanieren“. Und: Die VAV versichere auch das Ausschleifen eines undichten Kamins mit bis zu 2000 Euro. Die gesetzlichen Regelungen ließen es nicht zu, diese Kosten in die Betriebskosten einzurechnen, daher müsse ein Hauseigentümer ohne entsprechende Versicherung das Kaminschleifen aus eigener Tasche zahlen.

Wenn sie eine Vielzahl von Häusern verwalte, sei die Hausverwaltung jedenfalls gut beraten, für jedes Haus ein Versicherungspaket mit dem gleichen Grundschema abzuschließen, so Griesmayr. „Im Schadensfall ist es aus unserer Sicht ganz wichtig, dass wir mit dem Versicherungspartner schnell, unkompliziert und sehr transparent zusammenarbeiten.“ Transparent deshalb, weil es sich hier zumindest um ein Dreiecksverhältnis handle – Mieter oder Wohnungseigentümer, Hausverwaltung und Versicherer. Oder ein Vierecksverhältnis, wenn auch ein Versicherungsmakler noch hinzukomme.

Versicherer haben eigene Professionistenpools
Grundsätzlich gelte: Sobald die Hausverwaltung gewahr werde, dass ein Schaden eingetreten ist, sollte sie umgehend den Versicherer verständigen und Kostenvoranschläge von Professionisten für die Beseitigung des Schadens unbedingt abstimmen, um Enttäuschungen hinsichtlich fehlender Deckung zu vermeiden. Davon ausgenommen seien natürlich sämtliche Notfallmaßnahmen, die im Gefahrenfall jedenfalls binnen 48 Stunden gesetzt werden müssten, um weitere Schäden zu vermeiden, sofern das Versicherungsunternehmen nicht erreichbar sei. 

Bei jedem mittleren oder größeren Schadensfall schicke die Versicherung meistens zunächst einen Sachverständigen, der dann im Regelfall einen geeigneten Professionisten empfehlen könne. „Wenn man mit einer Hausverwaltung schon über viele Jahre zusammenarbeite und somit auch das Preisgefüge kenne, sei es aber auch kein Problem, wenn die Hausverwaltung ihren eigenen Professionisten einsetze, sagt Griesmayr. Jedenfalls aber müsse die Versicherung einen entsprechenden Kostenvoranschlag vorab prüfen.
Karin Benne, Leiterin Elementar/Schaden bei der Generali Versicherung, bestätigt, dass es diese Professionistenpools als Serviceleistung „bei allen Versicherungen“ gibt. Wolle der Hausverwalter aber seine eigenen Professionisten beauftragen, „prüfen wir, ob die veranschlagten Kosten nachvollziehbar sind. Wenn nicht, werden entsprechende Kürzungen vorgenommen.“ 

Wie geht der Versicherer mit einer ungewöhnlichen Häufung von Schadensfällen in einem Objekt um? Wiesflecker: „Sollte für die Versicherung ein Risikoproblem entstehen, hat sie die Berechtigung, den Vertrag aufzukündigen.“ Weiters sei das auch Teil der Beurteilung der angemessenen Versicherungsprämie.
Karin Benne, Generali: „In diesen Fällen betrachten wir den Kunden bzw. die versicherten Risiken einer Hausverwaltung in ihrer Gesamtheit. Sollte ein Haus so desolat sein, dass es nicht mehr versicherbar ist, ist auch eine Vertragskündigung denkbar.“

Bei ungewöhnlicher Häufung von Schadensfällen
Doch es gebe auch andere Maßnahmen, um eine solche Situation vertragsmäßig zu regeln, sagt VAV-Chef Griesmayr: „Man kann die Prämie erhöhen, aber auch Selbstbehalte einbauen. Mir erscheint es aber am wichtigsten, dass man gemeinsam mit dem Kunden bzw. mit der Hausverwaltung auch über Präventivmaßnahmen spricht, wenn Schäden der gleichen Art immer wieder auftreten.“

Vorbeugende Maßnahmen

Gegen das Feuerrisiko etwa biete sich an, von Zeit zu Zeit ein thermografisches Gutachten mit einer Wärmebildkamera machen zu lassen, um potenzielle Kurzschlussgefahren sichtbar zu machen. „Im Bereich von Wasser- oder auch anderen Gebäudeschäden, die durch schadhafte Dächer zustande kommen, ist es eine gute Vorsorgemaßnahme, alle zwei, drei Jahre das Dach zu übersteigen, um zu sehen, welche Dachziegel schadhaft sind.“ Dies, so Griesmayr, könne heute relativ preiswert durchgeführt werden, da nicht mehr Personen, sondern Drohnen diese Überwachungsmaßnahme durchführen könnten. Oder: Bei Wasserschäden genüge es mitunter schon, ein reinigbares Flusensieb anzubringen, um Abflussverstopfungen in den Wasserleitungen vorzubeugen.
Schließlich gilt ja auch für die Hausverwaltung: Jeder verhinderte Schaden bindet auch weniger Manpower.

Karl Wiesflecker denkt, „dass auch bei einem ganz einfach gestrickten Versicherungsfall, wo es durch die Professionalität der Handelnden keine Diskussionen über Umfang oder Kostenhöhe gibt, sondern nur der organisatorische Ablauf und die Urgenz Teil der Dienstleistung sind, pro Versicherungsfall ein Zeitaufwand von ein bis zwei Stunden zu kalkulieren ist“. Das klinge vielleicht nach nicht viel, in Summe aber sei ein solcher Aufwand aus Sicht der Verwaltungsleistung nicht zu unterschätzen. Auch wenn durch die EDV-Unterstützung die schriftliche Kommunikation erleichtert werde, sei ein geschultes Mitarbeiterpotenzial erforderlich, um die Belange dieses Tätigkeitbereichs professionell erfüllen zu können.